Klassiker mit Schönheitsfehlern Aktienstrategien-Vergleich
Titel mit hoher Dividendenrendite kaufen: Auf diese Idee bauen die populärsten Aktienstrategien. €uro am Sonntag hat zwei von ihnen getestet – und Mängel entdeckt.
Patzer im Risikotest
Nun die schlechte Botschaft: Im Risikotest patzte Top-12-Dividenden. Obwohl die Dividendenstars als robuste Aktien gelten, bietet die Strategie in Crashphasen kaum Schutz vor Verlusten. Der O’Higgins-Ansatz ist zwar weniger krisenanfällig, hat aber auch einen Schönheitsfehler: Bei der Titelauswahl greift er auf ein fragwürdiges Verfahren zurück. So sind beide Formeln nicht vorbehaltlos zu empfehlen. Enttäuschend schnitten die Dividendenmethoden vor allem in der Finanzkrise ab. Seit 2008 rutschten sie tiefer in die roten Zahlen als der DAX. „In den Krisenjahren mussten einige Unternehmen ihre Ausschüttungen kürzen“, erklärt Thomas Schüßler die Schwäche. Er managt den DWS Top Dividende, einen Aktienfonds, der weltweit in Titel mit hoher Ausschüttung investiert und damit beachtliche Renditen erzielt (ISIN: DE 000 984 811 9). Die Strategien Top-12-Dividenden und O’Higgins weisen noch ein weiteres Manko auf. Manchmal setzen sie auf Aktien, bei denen die Dividenden nicht nachhaltig sind. Beispiel Deutsche Telekom: Der Konzern reicht mehr Geld an die Aktionäre weiter, als er verdient. Auf Dauer kann sich ein Unternehmen diese Ausschüttungspolitik nicht leisten. Die T-Aktie lockt derzeit mit einer üppigen Dividendenrendite von 7,5 Prozent. Weil der Investor stur nach dieser Kennzahl auswählt, landet das Papier in den aktuellen Depots. Zur Ehrenrettung der Dividendensysteme ist allerdings zu sagen: Es gibt kaum Strategien, deren Überrenditen so akribisch nachgewiesen wurden. Zahlreiche Studien zeigen, dass die Formeln den US-Aktienmarkt schon seit den 60er-Jahren deutlich übertreffen — auch wenn sie zwischenzeitlich immer wieder Durststrecken überwinden mussten. Abschreiben sollten Anleger die Methoden daher nicht. Genauso wenig, wie sie Dividenden gegenüber Kursgewinnen unterschätzen sollten. Denn langfristig tragen die Ausschüttungen je nach Börsenlage und Land rund 30 bis 50 Prozent zur Gesamtrendite von Aktien bei.