Nur wenige können behaupten, den Papst persönlich zu kennen. Frank Asbeck, Gründer von Solarworld, kann. Da seine Firma 2008 eine Anlage im Vatikan montierte, bekam der Geschäftsmann eine Audienz bei Benedikt  XVI. Was Asbeck dabei mit dem Heiligen Vater besprach, ist nicht bekannt. Doch allmählich wäre es Zeit, den guten Draht nach oben zu nutzen, um göttlichen Beistand zu erflehen. Denn die Solarbranche, Asbecks Branche, droht in der Pleitehölle zu versinken. Nach wie vor überschwemmen chinesische Hersteller den Markt mit Modulen, deren Preise deutlich unter denen deutscher Anbieter liegen. Das führte allein in den vergangenen zwölf Monaten zu einem Preisverfall von 40 Prozent. Erschwerend kommt hinzu, dass die Einspeisevergütungen für Solarstrom von Spanien bis Deutschland gekappt wurden. Der Bau neuer Anlagen hat damit an Attraktivität verloren. Das Ergebnis: Nahezu alle deutschen Solarfirmen schreiben seit Monaten Verluste, ihre Aktien und Anleihen notieren auf Konkursniveau. Bislang versuchte die Branche der Krise mit Sparprogrammen zu trotzen. Als im August die Zahlen zum zweiten Quartal präsentiert wurden, sah es auch ganz danach aus, als ob dies gelänge: Von Centrosolar bis Solarworld konnten die Verluste eingedämmt werden. Gleichzeitig keimte die Hoffnung auf, dass EU und USA Strafzölle gegen die asiatischen Billigmodule verhängen könnten. Und es kursierten Gerüchte, dass die Solarfirmen ihre ausstehenden Anleihen zu den gesunkenen Kursen zurückkaufen würden, um sich so elegant zu entschulden. All dies sorgte im Spätsommer für eine kleine Erholungsrally. Zum Teil legten die deutschen Solaraktien um 53 Prozent zu, die Anleihen sogar um 57 Prozent.

Hoffnung auf Wende wird enttäuscht
Mit Spannung wurden daher in der vergangenen Woche die Zahlen zum dritten Quartal erwartet. Konnten die Unternehmen ihre Erholung fortsetzen? Sie konnten es nicht. Durch die Bank wurde zuletzt wieder mehr Geld verbrannt. Trauriger Spitzenreiter ist dabei Solarworld. Dort schrumpften die liquiden Mittel innerhalb von drei Monaten um 88 Millionen auf 232 Millionen Euro. Im Vorjahresquartal belief sich die Barschaft der Bonner noch auf 516 Millionen Euro. Ginge die Geldvernichtung im selben Tempo weiter und fände sich kein frisches Kapital, so könnte der Firma schon in acht Monaten die Pleite drohen. Etwas besser sieht es beim Konkurrenten Centrosolar aus. Hier schrumpfte der Cashbestand zwischen Juli und September von 22,4 auf 17,2 Millionen Euro. Positiv gegenüber Solarworld ist jedoch, dass sich die Verluste aus der laufenden Geschäftstätigkeit nur unwesentlich erhöhten. Vom zweiten auf das dritte Quartal stieg der Fehlbetrag um 1,7 Millionen auf 21 Millionen Euro an. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum wuchs das Minus bei Solarworld um 70 Prozent auf 45 Millionen Euro. Unter dem Strich konnte somit nur der Anlagenbetreiber und -errichter SAG Solarstrom ein positives Ergebnis erzielen. In den ersten drei Quartalen 2012 liegt der operative Gewinn (Ebit) des Projektionierers bei 300 000 Euro. Allerdings gibt es auch hier einen Haken: Das Plus rührt von einer Kaufpreiszahlung für ein bereits fertiggestelltes Projekt her. Objektiv wirtschaftete SAG also ebenfalls im Minus und schrumpfte seine Barbestände zuletzt von 10,6 auf 4,9 Millionen Euro. Gemäß Erkan Aycicek, Analyst der Landesbank Baden-Württemberg, besteht derzeit kaum Hoffnung, dass sich die Lage in den kommenden Monaten bessert. Zwar haben die USA nun Strafzölle gegen die chinesischen Importeure verhängt, doch die deutschen Firmen werden hiervon nur mäßig profitieren. Denn obwohl der US-Markt wichtig ist, ist es doch nur ein Teilmarkt, auf dem nun Kostengleichheit herrscht. Am grundlegenden Problem der Branche, dem Angebotsüberhang und der stagnierenden Nachfrage in Europa, ändert sich nichts.

Auch wer auf schnelle Schutzzölle durch die EU hoffte, wurde enttäuscht. Erst im Dezember 2013 soll ein Untersuchungsbericht klären, ob chinesische Firmen Subventionen erhalten, die es ihnen ermöglichen, Preisdumping zu betreiben. Bis dahin könnte es jedoch für einige Marktteilnehmer bereits zu spät sein. So schätzt etwa das US-Analysehaus GTM-Research, dass bereits in den kommenden Monaten bis zu 180 Solarpanelhersteller Insolvenz anmelden müssen. Fazit: Anleihegläubiger der ersten Stunde sind aufgrund der enormen Kursverluste zum Halten und Beten verdammt. Zocker dagegen, die noch nicht investiert sind und einen Tanz mit dem Teufel wagen wollen, sollten sich an die Papiere der Solarprojektierer halten. Denn diese trifft der Preisverfall der Module nicht ganz so hart wie die Generalunternehmen.