Der Preis ist heiß Dürre treibt Agrarpreise nach oben
Vereinzelte Regenfälle können die Dürreschäden in den USA nicht mehr rückgängig machen. Die Folgen des Preisanstiegs bei Agrarrohstoffen werden bald weltweit zu spüren sein.
Entspannung ist nicht in Sicht
Entsprechend heftig zogen die Preise an. Mais verteuerte sich innerhalb von sechs Wochen um über 50 Prozent, Soja markierte ein Allzeithoch, auch der Weizenpreis steigt. Damit scheint fürs Erste das Ende der Preisspirale erreicht zu sein. Das hohe Niveau dürfte aber noch längere Zeit bestehen bleiben. „Auch wenn es jetzt anfängt zu regnen, ist ein erheblicher Teil der Schäden bei Mais nicht mehr rückgängig zu machen“, sagt Dawid Heyl, Agrarrohstoffspezialist bei Investec Asset Management. Gleichzeitig sind die Lagerbestände für Mais und Soja niedrig. Für beide Agrarerzeugnisse zählen die USA zu den Hauptanbaugebieten. Zwar fahren Bauern in Brasilien gerade die sogenannte „safrinha“, die zweite Maisernte, ein. „Aufgrund begrenzter Schiffskapazitäten wird dieser Mais jedoch kaum exportiert. Von daher müssen wir die nächste Maisernte in Südamerika im ersten Quartal nächsten Jahres abwarten“, erklärt Heyl. Auch auf der Nachfrageseite kann kaum gespart werden: 40 Prozent der Maisernte gehen an Bioethanolerzeuger, denn zur Förderung erneuerbarer Energien muss US-Benzin zehn Prozent Ethanol beigemischt werden. „Aufgrund der bevorstehenden Wahlen wird daran kein Politiker rütteln wollen“, sagt Ralf Oberbannscheidt, Fondsmanager des DWS Global Agribusiness.
Ethanolhersteller zählen denn auch zu den unmittelbaren Verlierern der Dürre. Der Ethanolpreis steigt nicht in demselben Maß wie der Maispreis, die Produktion wird dadurch unprofitabel. Auch andere Industriezweige werden die hohen Preise zu spüren bekommen. Zurzeit müssen viele US-Bauern ihre Rinder verkaufen oder notschlachten, weil die Weiden vertrocknet sind. Deshalb ist Fleisch momentan billig. Mit einer Verzögerung von einigen Monaten wird sich diese Entwicklung jedoch umkehren — Rindfleisch wird dann knapper und teurer. Geflügelproduzenten dürften die gestiegenen Futterkosten bald an die Kunden weitergeben. Auch die Nahrungsmittelindustrie nutzt Mais als vielseitigen Rohstoff, zum Beispiel als Stärke oder Süßstoff. Während sich Verbraucher in Deutschland und anderen Industriestaaten leichte Preissteigerungen bei Lebensmitteln durchaus leisten können, sieht es in den Emerging Markets und Entwicklungsländern anders aus. Unruhen wie 2008 scheinen nicht ausgeschlossen, gelten unter Marktbeobachtern derzeit aber als wenig wahrscheinlich. Denn noch ist das Angebot an Weizen und Reis, den primären Nahrungsmitteln, ausreichend. Dass eine Nahrungsmittelpreisinflation die in vielen Märkten schwächelnde Konjunktur nicht gerade antreibt, dürfte aber klar sein. In China fließen gut 30, in afrikanischen Ländern bis zu 60 Prozent des Einkommens in Nahrungsmittel — jede Preissteigerung geht zulasten des Konsums anderer Güter und bremst das Wachstum.
Investieren in Innovationen
Vergleichsweise glimpflich kommen dagegen die meisten Bauern in den von der Dürre betroffenen US-Anbaugebieten davon: Sie sind gut versichert, außerdem gleichen die hohen Maispreise einen Teil der Verluste aus. „Insgesamt dürften die Erlöse etwa auf dem Niveau des Vorjahres liegen — und da gab es Rekorderträge von rund 100 Milliarden Dollar in den USA“, sagt DWS-Manager Oberbannscheidt. Da nicht von der Dürre betroffene Farmer weltweit ohnehin von den gestiegenen Rohstoffnotierungen profitieren, rechnet er mit positiven Impulsen für Saatgut-, Düngemittel- und Landmaschinenhersteller: „Solche Extremereignisse wie diese Dürre führen dem gesamten Agrarsektor die Notwendigkeit vor Augen, in Innovationen zu investieren.“