Lizenz zur Läuterung Geschlossene Fonds werden reguliert
Erstmals gibt es Mindestanforderungen für Anbieter und Vermittler von Sachwertbeteiligungen wie Immobilien und Flugzeugen. Werden Pleiten und Pannen nun weniger?
Das ist nur ein Etappensieg im Regulierungsmarathon. Denn bevor sich bei Fondsinitiatoren endgültig die Spreu vom Weizen trennt, knöpft sich der Gesetzgeber erst mal freie Vertriebe vor. Ab Januar 2013 kann nicht mehr jeder Wald-und-Wiesen-Vermittler komplexe unternehmerische Beteiligungen wie Geschlossene Fonds mit Totalverlustrisiko unters Volk bringen. Gewerbeaufsichtsämter prüfen die Mindestanforderungen wie den Sachkundenachweis und die Berufshaftpflichtversicherung. Konkret haben freie Vertriebe dann dieselben Pflichten wie Bankberater. Die Fondsanbieter werden Mitte 2013 an die Kandare genommen. „Mit der zum 22. Juli 2013 anstehenden Umsetzung der EU-Richtlinie für Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) werden die Karten aber wieder für alle Fondsgattungen neu gemischt“, erklärt Uwe Kremer, Chefredakteur des Branchendiensts kapital-markt intern (kmi). „Das führt zu Markteintrittsbarrieren“, ergänzt Oliver Porr, Vorsitzender des Verbands Geschlossene Fonds (VGF) und Geschäftsführer beim Initiator LHI. Denn Initiatoren müssen dann Eigenkapital und ausreichendes Risikomanagement nachweisen. Ferner müssen Anbieter den sogenannten Nettoinventarwert je Anteil an einer Immobilie, einem Flugzeug oder einem Windrad jährlich einmal bewerten. Unabhängige Sachverständige und Gutachter sind nicht gesetzlich vorgesehen. Ein Manko.
Nicht nur Vertriebsapparate
Emissionshäuser von Geschlossenen Beteiligungen, von denen sich einige viel zu lange als absatzorientierte Vertriebsapparate verstanden, bekommen nun ähnliche Pflichten auferlegt wie Anbieter aktiv gemanagter Fonds. Punkten können hier etablierte Anbieter. „Je länger man am Markt ist, desto mehr Asset-Management muss man betreiben“, erklärt Branchenkenner Porr. Zudem sollen Initiatoren die Vermögenswerte an eine unabhängige Verwahrstelle abgeben, vergleichbar mit einer Depotbank. Die neuen Regeln bescheren Anlegern Offenheit und ein Mindestmaß an Anlegerschutz, aber auch höhere Kosten. Dafür sorgt seit dem 1. Juni der Beipackzettel, der kompakt Angaben über Risiken, Kosten und Provisionen enthält, sowie das aufwendigere Zulassungsverfahren. Die Finanzaufseher prüfen die Verkaufsprospekte nicht nur formell. Sie billigen den Prospekt sowie Nachträge erst, wenn sie auf den mehr als 100 Seiten keine inhaltlichen Widersprüche gefunden haben.
Der feine Unterschied zeigt sich an den Gebühren: Nach Angaben des Branchendiensts kmi kostete die Prüfung bis zum 1. Juni etwa 2000 Euro. Nach dem neuen Regelwerk dürften es rund 6000 bis 7000 Euro werden, weil bei der Bafin ein Stab von Beamten prüft. Ferner müssen Initiatoren früher mit einem Reporting Rechenschaft ablegen. Die höheren Prospektkosten geben Anbieter an die Anleger weiter. „Das gibt es nicht zum Nulltarif. Im Endeffekt schmälert das die zu erwartende Rendite“, erklärt Porr. „Wir stehen der Regulierung positiv gegenüber. Sie ist eine Chance für den Geschlossenen Fonds, auf Augenhöhe mit anderen Finanzprodukten zu stehen und das Image des grauen Kapitalmarkts abzulegen“, sagt Florian Maack, Geschäftsführer der Nordcapital-Gruppe.
Raus aus der Schmuddelecke
Recht hat er. Denn die Regulierung ist für die Branche eine Lizenz zur Läuterung, eine Reinigung, um gleichberechtigt neben Investmentfonds und Zertifikaten im „weißen Kapitalmarkt“ anzukommen. Erst seit der Bund die Steuervorteile gekappt hat, vollzieht sich — in Etappen — der Wandel. Seit 2005 rechnen sich die Fondsanteile nicht mehr wegen des Steuereffekts, sondern aufgrund der Wirtschaftlichkeit. In puncto Kosten- und Risikoaufklärung sind Geschlossene Fonds transparenter als Baubeschreibungen. Dabei war es Vater Staat, der seit den 70er-Jahren dank steuerlicher Anreize jeweils zum Jahresende Milliarden Mark, später Euro in Steuerstundungsmodelle lenkte, ohne dabei für Ordnung zu sorgen. Ausgerechnet der Gesetzgeber schuf eine Art Wildwestzustand, der bis heute windige Glücksritter anlockt. Wer in diesen kaum regulierten „grauen Kapitalmarkt“ investierte, konnte mächtig danebenliegen oder sich sogar ruinieren. Nur langsam setzten Anlegerschützer wie das Deutsche Finanzdienstleistungs-Informationszentrum (DFI) in den 90er-Jahren Selbstregulierungsstandards, indem sie von Initiatoren eine Art Leistungsbilanz anforderten. Auch die Prospekte wurden umfangreicher. Doch manche Anbieter verharmlosten Risiken, verheimlichten Provisionen und verkündeten die wildesten Prognosen. Floppte eine Beteiligung, stand die Branche in der Schmuddelecke. „Die wohl schlechteste Geldanlage der Welt“, urteilte die „Wirtschaftswoche“. Hofiert wurden die Beteiligungen dagegen von Banken, die mit Krediten und dem Vertrieb der Fonds bis zum Platzen der US-Immobilienblase kräftig Reibach machten.