Börsenpsychologie 'Anleger sind derzeit keinesfalls euphorisch'
Patrick Hussy, Geschäftsführer für das Asset Management bei Sentix, weiß, was Anleger bewegt: Für die Sentix-Datenbank wird wöchentlich eine Kapitalmarktumfrage durchgeführt. Demnach fehlt es den Investoren aktuell an Grundvertrauen.
Patrick Hussy: Die Anleger sind keinesfalls euphorisch. Aktuell messen wir für den deutschen Aktienmarkt ein neutrales Sentiment. Das ist bemerkenswert, denn normalerweise frohlocken Anleger, wenn die Börsen haussieren und satte Kursgewinne erzielt wurden. Dies dürfte vor allem daran liegen, dass die Anleger nach wie vor massive Probleme wahrnehmen, vor allem geopolitische. Dies verhindert jeglichen Jubel und hohe Aktienquoten.
Was sagt Ihre Datenbasis über das gegenwärtige Verhalten der Investoren sonst noch aus? Wohin geht der Trend?
Neben dem Sentiment messen wir das Grundvertrauen der Anleger zu den einzelnen Märkten. Hierin spiegeln sich rationale Beweggründe, da die Anleger die mittelfristigen Perspektiven bewerten. Wird beispielsweise ein Markt von den Anlegern als teuer empfunden, sinkt das sentix-Barometer, was nichts andere bedeutet, als dass die Verkaufsbereitschaft zunimmt. Eine solche Entwicklung haben wir heuer am Aktienmarkt beobachten können: Anfang dieses Jahres kam es zu einem enormen Rückgang des Grundvertrauens – trotz steigender Kurse. Deshalb muss man sich auch nicht wundern, dass die Jubelarien ausbleiben. Die große Korrektur blieb bislang aus, was dem hohen Anlagedruck geschuldet sein dürfte. Sollte sich das Grundvertrauen der Anleger wieder verbessern, wäre dies positiv für den Aktienmarkt zu werten. Am aktuellen Rand sehen wir einige Hoffnungsschimmer.
Wie positionieren Sie sich angesichts der Börsenrallye in Ihren Fonds?
Unser Ansatz zeichnet sich dadurch aus, dass wir sehr systematisch arbeiten. Konträres Denken wir auch eine enorme Disziplin prägen unseren Investmentansatz. Die logische Konsequenz ist es, dass wir oftmals gegen den Strom schwimmen. Aus den besagten Gründen waren wir seit Jahresanfang auch sehr zurückhaltend am Aktienmarkt und haben den Blick auf die Risiken gerichtet. Zuletzt haben unsere Modelle eine leichte Verbesserung angezeigt, was eine Erhöhung der Aktienquoten zur Folge hatte. Unsere aktienorientierte Mandate sind deshalb offensiver ausgerichtet, der Aktien-Investitionsgrad liegt nunmehr auf Höhe des langfristigen Mittelwertes.
Wenn Sie eine Halbjahresbilanz ziehen: Wie sind die vergangenen Monate für Ihre Fonds und den dahinter liegenden Behavioral-Finance-Ansatz bislang gelaufen?
Bislang sind wir mit 2017 nicht zufrieden. Fehlende Volatilität wie auch der Negativzins stellen hohe Anforderungen an ein Total Return Management mit einer strikten Wertuntergrenze. Dieses Sicherheitsnetz bieten unsere Total Return Fonds und liefern damit dem Anleger Kalkulationssicherheit. Da in 2017 jegliche Korrekturansätze im Keim erstickt wurden, hat Risikomanagement in den vergangenen Monaten Performance gekostet. Am aktuellen Rand fehlt jegliches Risikobewusstsein und die Anleger flüchten in passive Investments. Hierfür wurden sie in den zurückliegenden Monaten belohnt. Wir gehen davon aus, dass die Börse im zweiten Halbjahr keine Einbahnstraße bleibt und sich unser aktives Management auszahlt, das Chancen auch in fallenden Märkten nutzen kann.
Herr Hussy, herzlichen Dank für dieses Interview!