Als exportorientierte Wirtschaftsnation leidet Deutschland besonders unter dem von Donald Trump angezettelten Handelskonflikt. Laut Consensus Economics soll die deutsche Wirtschaft 2019 nur noch um 0,6 Prozent wachsen, im Jahr 2020 dann um 1,2 Prozent.
Das ifo-Beschäftigungsbarometer hat sich in der Vergangenheit für den deutschen Bürovermietungsmarkt als sehr zuverlässiger Indikator erwiesen, so Helge Scheunemann, Head of Research Germany bei Jones Lang LaSalle (JLL). Rein statistisch gesehen gilt folgender Zusammenhang: Verliert der Index fünf Prozent, sinkt der Flächenumsatz um zehn Prozent. Und tatsächlich ist das ifo-Beschäftigungsbarometer in der ersten Jahreshälfte 2019 um rund fünf Prozent gefallen. Dass an den Büro-Vermietungsmärkten von der sinkenden Einstellungsbereitschaft der Unternehmen bislang noch nichts zu spüren hängt auch damit zusammen, dass der Büro-Vermietungsmarkt mit einem Nachlauf von ungefähr einem Dreivierteljahr reagiert, erläutert Scheunemann. Für 2020 erwartet JLL daher einen etwas deutlicheren Rückgang der Nachfrage nach Büroflächen.
Anziehender Flächenumsatz
Der Büro-Vermietungsmarkt in den Big-7-Standorten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart) zeigt im laufenden Jahr 2019 noch wachsende Umsätze. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres hat JLL einen Anstieg um fünf Prozent ermittelt. Mit Blick auf die einzelnen Standorte zeigt sich allerdings eine deutliche Differenzierung. Stuttgart (+58 Prozent auf 257.000 m2) und Berlin (+26 Prozent auf 759.000 m2) weisen die höchsten Zuwächse auf. In Frankfurt (-15 Prozent auf 389.000 m2) und München (-12 Prozent auf 605.000 m2) blieben die Vorjahreswerte unerreicht.
Derzeit überlagern sich mehrere Trends am Büroimmobilienmarkt mit jeweils verschiedenen Einflüssen auf den Flächenumsatz:
- die starke konjunkturelle Entwicklung der letzten Jahre bedeutet für viele Nutzer immer noch Expansion und Flächenaufbau (Wachstum des Flächenumsatz).
- die sich nun abkühlende Konjunktur wird ausgehend von der Industrie ihre Auswirkungen auch auf den Dienstleistungssektor ausüben (abflauendes Wachstum bis hin zur abflauenden Flächennachfrage).
- die gerade in den Toplagen vorherrschenden Flächenengpässe entziehen der Nachfrage das Potenzial für Flächenumsatz.
Sinkender Leerstand
Das Büroflächenangebot geht weiter zurück. Die über die Big-7-Standorte aggregierte Leerstandsquote notiert Ende September 2019 nach den Erhebungen von JLL bei knapp 3,2 Prozent und damit 0,7 Prozentpunkte unter dem Vorjahresquartal. Auf Sicht von einem Jahr zeigen alle sieben Märkte einen deutlichen Rückgang des Leerstands. Den stärksten Rückgang der Leerstandsquote gab es mit 31 Prozent in Köln. Das Flächenangebot sank von 266.200 m2 auf 185.000 m2. Das entspricht einer Leerstandsquote von 2,4 Prozent. In Berlin wurde zum Ende des dritten Quartals 2019 sogar die Zwei-Prozent-Marke unterschritten (1,9 Prozent auf 396.000 m2). Die höchsten Leerstandsquoten finden sich nach wie vor in Düsseldorf (549.300 m2) und Frankfurt (695.500 m2) mit jeweils sechs Prozent. Angesichts der extremen Knappheit in manch anderen Hochburgen erscheinen diese Quoten nach Ansicht von JLL nicht mehr als Malus, bedeuten sie doch eine gewisse Flächenauswahl für die Nutzer.
Fertigstellungen auf hohem Niveau
In den ersten drei Quartalen 2019 wurden nach den Erhebungen von JLL in den Big-7-Standorten insgesamt 800.000 m2 fertiggestellt. Das sind 50 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Bis Jahresende werden weitere 440.000 m2 erwartet, allerdings sind davon derzeit bereits 85 Prozent vermietet oder an Eigennutzer verkauft. Für das Jahr 2020 erwartet JLL Bürofertigstellungen mit einem Volumen von über 1,9 Mio. m2. Das gesamte, derzeit im Bau befindliche Bürovolumen bewegt sich mit 4,3 Mio. m2 auf einem hohen Niveau.
Mietpreise ziehen weiter an
Zum Ende des dritten Quartals 2019 verzeichneten alle Big-7-Märkte gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres einen Anstieg der Spitzenmieten. Scheunemann weist darauf hin, dass der JLL-Spitzenmietpreisindex im Jahresvergleich um 6,8 Prozent gestiegen ist. Er notiert aktuell bei 216 Punkten, dem höchsten Wert seit 1992. Auch für 2020 rechnet JLL mit weiter steigenden Mietpreisen.
Standort-Highlights
- In Berlin erreichte das aktuelle Quartal mit einem Umsatzvolumen von 312.700 m2 den größten Umsatz eines dritten Quartals seit 1999. Derzeit befinden sich rund 1,5 Mio. m2 im Bau. Die Spitzenmiete stieg um 1,4 Prozent auf 36 Euro pro Quadratmeter im Monat. Die gewichtete Durchschnittsmiete stieg sogar um 4,3 Prozent auf 24,65 Euro.
- In Düsseldorf überschreitet das Umsatzvolumen zum ersten Mal bereits in den ersten neun Monaten eines Jahres die 400.000 m²-Marke. Dabei markiert der Flex-Space-Anbieter WeWork mit der Anmietung von 20.300 m2 den drittgrößten Umsatz am Standort. Die Spitzenmiete lag stabil bei 28,00 Euro. Die gewichtete Durchschnittsmiete erreichte mit 17,22 Euro einen neuen Rekordwert.
- In Frankfurt schlagen nach den ersten drei Quartalen rund 390.000 m2 Flächenumsatz zu Buche. Das sind rund neun Prozent mehr als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Die spekulative Bautätigkeit bleibt weiterhin überschaubar. Vor diesem Hintergrund geht JLL von weiter steigenden Mieten aus. Vom Brexit indes erwartet JLL – selbst im Falle eines No-Deal Brexit – nur geringe Effekte auf den Büromarkt.
- Am Hamburger Bürovermietungsmarkt wurde in den ersten drei Quartalen 2019 ein Büroflächenumsatz in Höhe von 435.000 m2 erzielt. Die Leerstandsquote ist im Laufe des Quartals auf 3,1 Prozent gesunken und auch für das kommende Jahr sieht JLL eine weitere Angebotsverknappung. Scheunemann weist darauf hin, dass von den 180.000 m2, die im Jahr 2020 fertig gestellt werden, aktuell nur noch 17 Prozent für den Vermietungsmarkt verfügbar sind. Im laufenden Jahr 2019 werden insgesamt nur 125.000 m2 fertig gestellt, das ist der niedrigste Wert seit 2014.
- Der Kölner Bürovermietungsmarkt verbuchte in den ersten drei Quartalen 2019 einen Flächenumsatz von rund 203.000 m2 und somit sieben Prozent weniger als den ersten drei Quartalen des Vorjahres und 17 Prozent weniger als im vergleichbaren Fünfjahreszeitraum. Hauptgrund für das unterdurchschnittliche Ergebnis ist das immer knapper werdende Angebot an Flächen. Nur rund 185.000 m2 sind derzeit kurzfristig verfügbar und nur zehn Prozent dieser Flächen weisen eine erstklassige Ausstattungsqualität auf, so Scheunemann. Die Spitzenmiete ist im dritten Quartal erneut gestiegen und mit 26 Euro pro Quadratmeter ist sie so hoch wie nie zuvor. Auch die gewichtete Durchschnittsmiete legte zu und erreicht nun 15,85 Euro.
- In München erwartet JLL für das Gesamtjahr 2019 einen Umsatz von 800.000 m2. Nach 33 Quartalen, in denen die Leerstandsquote nicht gestiegen ist, ging sie im Berichtsquartal um 0,1 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent nach oben. Im Jahr 2019 werden etwa 370.000 m2 fertiggestellt. Damit wird der Anstieg der Fertigstellungen, der bereits im vergangenen Jahr eingesetzt hat, fortgesetzt. Die Spitzenmiete ist weiter leicht auf 40,50 Euro gestiegen. Ebenso konnte die Durchschnittsmiete im Vergleich zum Vorjahresquartal um rund einen Euro auf 19,60 Euro zulegen.
- Der Flächenumsatz auf dem Stuttgarter Bürovermietungsmarkt beläuft sich in den ersten neun Monaten des Jahres 2019 auf knapp 256.700 m2. Er liegt damit rund ein Drittel über dem Fünfjahresschnitt. Von der immer deutlicher werdenden Angebotsknappheit in präferierten Lagen profitieren vor allem Standorte am äußeren Stadtgebiet, wo sich die Mietpreisspannen teilweise stark nach oben verschoben haben, erläutert Scheunemann. Im laufenden Jahr kamen rund 87.200 m2 neue Büroflächen auf den Markt. Davon sind bereits 86 Prozent belegt. Die Leerstandsquote notiert weiterhin auf ihrem Rekordtief von 2,1 Prozent. Die Spitzenmiete lag zum Ende des dritten Quartals bei 24,50 Euro.