Energiekosten sparen Car Trim verkauft BHKW an Neitzel & Cie.
Mit dem Bau eines Blockheizkraftwerkes können Unternehmen die Konkurrenz hinter sich lassen und wettbewerbsfähiger werden. Car Trim macht es vor: Der Autozulieferer verkaufte ein BHKW an Neitzel & Cie. und investiert in den Ausbau des Kerngeschäfts.
Der Automobilzulieferer Car Trim hat in den Bau und die Produktion eines Blockheizkraftwerkes (BHKW) investiert – mit Erfolg. Das Unternehmen konnte Energiekosten sparen und war somit der Konkurrenz einen Schritt voraus. Car Trim ist weiter auf Wachstumskurs und hat das BHKW schließlich an die Beteiligungsgesellschaft Neitzel & Cie. verkauft. Den Erlös setzt das Unternehmen für den Ausbau des Kerngeschäfts – die Innenausstattung von Fahrzeugen – ein.
Weitere Investitionen in Blockheizkraftwerke schließt die Car Trim jedoch nicht aus. Wir sprachen mit Geschäftsführer Holger Hain über die Energiestrategie von Car Trim und den Vorteil von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK).
FondsDISCOUNT.de: Herr Hain, Sie haben in 2013, zusammen mit einem Partner, die Gesellschaft Car Trim GmbH übernommen sowie seither die Geschäftsführung inne. Was macht die Car Trim GmbH und Ihre 1.700 Mitarbeiter? Und was haben Sie in Ihrer Funktion als neuer Geschäftsführer bei der Car Trim GmbH erreichen können?
Holger Hain: Car Trim ist ein Zulieferer von Interieur/Innenausstattung in der Automobil - und Luftfahrtbranche. Unsere Gesellschaft stellt Sitzbezüge, Schaumstoffe, Leder, Sitze/Sitzreihen und sonstige Innenausstattungsdetails her. Besonders wichtig für unsere Kunden ist die vertikale Wertschöpfungskette durch unsere eigene Rohwarenherstellung (Gerberei-Lederherstellung). Wir sind einer der wenigen Anbieter weltweit die diesen Mehrwert aus einer Hand bieten.
Des Weiteren sind unsere Kunden wie Volkswagen, BMW, Recaro, Audi, Porsche und einige weitere von unserem deutschen Knowhow mit eigenen Entwicklungszentren in Wolfsburg und Plauen überzeugt.Die Produktion befindet sich aus Kostengründen hauptsächlich in Osteuropa.
Noch 2013 beschäftigte unser Unternehmen rund 700 Mitarbeiter und erzielte einen Umsatz von rund 40 Millionen Euro. Heute, nach nur 3 Jahren, beschäftigen wir mehr als 1.700 Mitarbeiter und erzielen einen Umsatz von rund 80 Millionen Euro. Nachdem wir das Großvolumenprojekt „neuer Passat“ erfolgreich abgeschlossen haben, erhielten wir weitere Aufträge wie beispielsweise den neuen VW Touareg und den neuen Porsche Cayenne ab 2017 zu 100 Prozent mit allen Sitzbezugsvarianten auszustatten. Schon heute ist das Umsatzziel von 150 Millionen Euro für 2018 als booked business beauftragt. Anders ausgedrückt – Unser Unternehmensziel – Wachstum – wird weiterhin konsequent umgesetzt!
FD: Sie haben sich selbst für den Bau und die Finanzierung eines eigenen Blockheizkraftwerkes in Weida entschlossen. Wieso haben Sie sich eben genau für diese Art der Energiegewinnung entschieden?
Hain: Unternehmen in Deutschland haben mit enormen Energiekosten zu kalkulieren. Zur Einsparung von Energiekosten zwecks zukünftiger Wettbewerbsfähigkeit dient ein BHKW hervorragend. Dieses mit Gas zu betreiben ist in der Beschaffung die sicherste und preiswerteste Möglichkeit. Die Kraft-Wärme-Kopplung, also die Erzeugung von Wärme und Strom durch das Blockheizkraftwerk, ist eine seit den 60er Jahren im Einsatz erprobte Technik und sorgt auf Seiten von Car Trim für eine sehr positive Energiebilanz.
Anders ausgedrückt – Wir sparen enorm an Energiekosten, erzielen als Unternehmen eine deutlich bessere Energiebilanz und nutzen eine seit Jahrzehnten im Einsatz befindliche Technik.
Welche Rolle hat die Zulage für die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) dabei gehabt?
Die KWK-Zulage ist ein finanzielles Anreizsystem des Gesetzgebers. Aus rein wirtschaftlichen Gründen freuen wir uns natürlich über diese Form der Förderung, aber auch ohne diese Förderung ist für ein energieintensives Unternehmen wie unseres die Nutzung eines Blockheizkraftwerkes sehr sinnvoll.
Sie kalkulieren mit spitzen Bleistift: Trotz der Einsparungen und der Rendite, die Ihnen das Investment bringen würde, haben Sie dennoch das Blockheizkraftwerk an Neitzel & Cie. verkauft. Was hat Sie zu diesem Schritt bewegt?
Ganz klare Antwort: „Schuster bleib bei deinen Leisten!“ Wir sind Spezialisten bei der Innenausstattung von Automobilen und Flugzeugen. Neitzel & Cie. sind die Spezialisten der Energiebranche. Deshalb – und weil wir Eigenkapital sinnvollerweise zum Wachstum und zum weiteren technischen Ausbau unseres Unternehmens in das eigene Geschäftsmodell investieren – sind wir von der jetzigen Lösung überzeugt. Die besten Renditen erzielen wir mit weiteren Aufträgen aus der Automobil – und Luftfahrtbranche, mit unserem Kerngeschäft.
Kommen wir zum Standort Weida. Sie beschäftigen einen Großteil Ihrer Mitarbeiter aus Kostengründen im Ausland und reduzieren sukzessive Ihre deutschen Standorte. Warum halten Sie am Standort Weida fest?
Wir werden mittelfristig zwar Standorte in Deutschland reduzieren, allerding nicht die Mitarbeiter. Spezialisten für Vertrieb, Entwicklung, Ingenieurshandwerk, Administrative und Kommunikation sitzen in Deutschland und werden hier gegebenenfalls auch noch weiter ausgebaut.
Die infrastrukturellen Gegebenheiten in Weida sind perfekt. Vor Ort entsteht eine in unserem Eigentum befindliche Kläranlage, für unsere Produktionsprozesse ist die Anbindung an den Fluss Weida wichtig, unsere Investitionen in den Standort und die Infrastruktur zahlen sich aus. Zudem ist die Förderung und Unterstützung in der Weiterentwicklung unseres Unternehmens durch die Regierung in Thüringen vorbildhaft.
Die Ansiedlung von weiteren Unternehmen an unserem Standort ist der nächste Schritt und auch daraus werden sich in naher Zukunft Synergieeffekte ergeben.
Das könnte ja bedeuten, dass die derzeitige Auslastung des Blockheizkraftwerkes künftig überstiegen wird und somit Ihre Pachtzahlung an Neitzel & Cie noch höher ausfallen wird. War es dann nicht doch ein Fehler, das BHWK zu veräußern?
Im Gegenteil: Wir hätten Eigenkapital als Investition im Blockheizkraftwerk gebunden, welches für Wachstum im Kerngeschäft blockierten gewesen wäre. Für uns ist der gefasste Entschluss der sinnvollste. Und wie es im Geschäftsleben immer am besten ist: Zwei Geschäftspartner die gewinnen, arbeiten auch hervorragend zusammen.
Sollte sich der Standort Weida entwickeln, wie von Ihnen geschildert, wird die produzierte Energie des BHKW wahrscheinlich nicht ausreichen. Wie würden Sie die zusätzlich notwendige Energie beziehen? Haben Sie sich darüber bereits Gedanken gemacht?
Natürlich würde dann der Bau eines zweiten Blockheizkraftwerkes stattfinden. Dieses eventuell in Verbindung mit einer Biogasanlage zur Entsorgung der anfallenden Fette und Reste bei der Rohhautverarbeitung. Wir und unsere Partner werden dies in der nahen Zukunft für den Standort Weida prüfen.