FondsDISCOUNT.de: Standardfeststellung heutzutage: Nach der Pandemie wird nichts mehr so sein wie vorher. Gilt das auch für Anleihen?


Peter Schneider: Floskeln helfen nicht, die Anleihewelt ist doch jetzt schon anders. Die von den Staaten und Notenbanken zur Verfügung gestellten Rettungs-Billionen markieren in der Geschichte neue Höchstmarken. Das Anleihevolumen aller Anleihen im niedrigen Investment Grade Bereich machte bereits vor Corona mehr als 50 Prozent aus. Wie groß die Not ist, zeigt das Verhalten der US-Notenbank. Das Anleihekaufprogramm wurde kurzerhand um 2.300 Milliarden US-Dollar erhöht und erstmalig werden auch Junk-Bonds aufkauft. Wir stellen uns auf sehr große Verwerfungen an den Anleihemärkten ein.


 


Erhöht der allseits erwartete wirtschaftliche Abschwung die Anforderungen an das Risikomanagement? Wie reagieren Sie darauf?


Der Abschwung wird uns in eine große Rezession führen und Ausfälle von Anleihen sind vorprogrammiert.  Das Risikomanagement ist jetzt extrem wichtig. Bei Unternehmen selbstredend, aber auch bei Staatsanleihen. Anleiheportfolien müssen jetzt nochmal genau auf Risiken überprüft werden.


 


Generell zum Rating: Wie aussagekräftig sind Ratings aktuell angesichts komplett fehlender Visibilität?


Die Rating-Agenturen können meines Erachtens den Ereignissen nur hinterherlaufen. Schon vor Corona sprach man von sogenannten Zombie-Unternehmen, also von Unternehmen, die nur wegen des billigen Geldes noch am Leben sind. Gehen wir aufgrund des Lockdowns von späteren Downgrades und potenziellen Zahlungsausfällen aus, so wird deutlich, dass der Kapitalerhalt zur Zeit Vorrang hat.


 


Die Agenturen können ohnehin nicht alle Emittenten zeitgleich neu bewerten – ist die Rating-Qualität aktuell für Sie ausreichend?


Auf das Kredit-Rating müssen wir aufgrund vereinbarter Anlage-richtlinien achten, wir verlassen uns aber nicht allein darauf. Wir achten weiter auf robuste Geschäftsmodelle bei den Unternehmen und versuchen, finanzielle Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit abzuschätzen. Eine Zusatzinformation suchen wir auch in den ESG-Ratings. Hierbei ist uns das G (Governance) wichtig, da es für gute und transparente Unternehmensführung steht.


 


Zur Finanzierung der Wirtschaftshilfen werden Staatsanleihen in extremem Umfang emittiert. Wird das Auswirkungen auf die Zinsentwicklung haben?


Ein größeres Angebot an Anleihen führt normalerweise zu steigenden Renditen. Wir leben aber in einer seit Jahren von den Notenbanken manipulierten Welt. Die Renditen bleiben also niedrig, so lange die Anleihekaufprogramme hoch und dauerhaft bleiben. Diese Aussage impliziert einen wichtigen Punkt. Alle Teilnehmer müssen daran glauben, dass sich das Karussell weiterdreht. Schauen wir z. B. auf die Goldpreis-entwicklung, dann sehen wir, dass es auch Zweifler gibt, die sich um die Geldwertstabilität sorgen. Sollte die Gruppe der Zweifler größer werden, droht uns ein Renditeanstieg mit sehr unangenehmen Kursverlusten.


 


Dann hoffen wir, dass aus den Zweiflern Gläubige werden, haben Sie vielen Dank für den Interessanten Einblick.


 



 


 


Das Gespräch führte Stefan Preuss im Auftrag von www.stiftungsmarktplatz.eu.