Der Erfolg passiver Investmentprodukte erschwert traditionellen Stock-Pickern, ihrem Beruf nachzugehen. Sie argumentieren, dass die unzähligen Milliarden, die jedes Jahr in Exchange Traded Funds (ETF) fließen, eine riesige Blase bilden und die breiten Kapitalströme in die immer gleichen Assets fließen lassen. Weitere Theorien besagen sogar, dass der ETF-Boom das Pricing von Assets unmöglich macht, weil nicht mehr die Assets in einem ETF dessen Wert bestimmen, sondern die gigantischen Kapitalflüsse in die passiven Index-Tracker den Wert der darin befindlichen Assets beeinflussen.

Diese Befürchtungen sind verständlich. In den vergangenen zehn Jahren ist das Volumen von ETFs allein in den USA von 300 Milliarden auf über zwei Billionen US-Dollar angewachsen. Das hat den größten Aktienmarkt der Welt grundlegend verändert: Über ein Viertel aller täglich gehandelten Finanzprodukte sind ETFs, berichtet die Financial Times und beruft sich dabei auf einen der größten Market Maker, die Investmentbank Cantor Fitzgerald.

Doch es scheint so, als hätten viele professionelle Investoren noch immer die Ironie hinter ihren Beschwerden nicht erkannt: Die gigantischen Kapitalflüsse in passive Produkte kreieren genau die Miss-Allokationen am Markt, die für die Arbeit der aktiven Fondsmanager so wichtig sind. Denn sie müssen die Fehlallokationen identifizieren und konträr investieren. An der Börse wird die Zukunft gehandelt. Die Investoren, die sich jetzt für passive Fondsprodukte entscheiden, werden in ein paar Jahren zu den Perlensuchern zurückkehren, wenn alle Indizes überkauft sind und sämtliche ETF sich in die gleiche Richtung bewegen.

„Der Aufstieg der Indexfonds resultiert nicht im Tod des traditionellen Assetmanagements sondern bietet ihm einen fruchtbaren Boden, unterbewertete Assets aufzuspüren“, schreibt Miles Johnson in einem Beitrag für die FT. Der Investmentstil, der vermutlich am meisten davon profitiert, dass ETFs immer größere Anteile der globalen Aktienmärkte aufkaufen, sei die Bewertung der Assets anhand einer fundamentalen bottom-up Analyse.

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ETFs sind auf einem Auge blind
Die niedrigen Gebühren von ETFs sind attraktiv für Investoren. Doch um diese Gebühren zu rechtfertigen, brauchen die Indexfonds hohe Kapitalzuflüsse, um profitabel zu bleiben. Daher sind sie auf Assets mit einer hohen Liquidität angewiesen, die Investoren anlocken. Kleinere und weniger gut kapitalisierte Aktien werden dagegen von ETFs oft gar nicht wahrgenommen.

So eine Marktblindheit hat Folgen für die unterliegenden Assets von ETFs. Untersuchungen des US-Hedge-Fonds Horizon Kinetics belegen einen Anstieg der Korrelation von Aktien wie Procter und Gamble, Exxon Mobile und AT&T mit ihrem jeweiligen Vergleichsindex. Für Investoren, die sich gute Unternehmen ins Depot legen wollen und schlechte verkaufen, wird die ETF-Welt in einem sich angleichenden Markt daher viel komplizierter.

Diese Entwicklung kommt aktiven und geduldigen Fondsmanagern zugute, die ihre Allokation an eine Fundamentalanalyse knüpfen und bereit sind, Assets langfristig zu halten. Die große Kaufkraft von ETFs behindert nicht die Möglichkeit, einzelne Aktien auszuwählen, sondern stellt vielmehr eine neue Möglichkeit dar, sich im schnell ändernden Marktumfeld zurechtzufinden.

Tipp: Im Chart finden Sie eine Auswahl aktiv gemanagter Smallcap- und Midcap-Fonds in den USA, die sich auch die weniger gut kapitalisierten Regionen des Marktes anschauen.