Von Nervosität keine Spur: Ähnlich unaufgeregt wie der Wahlkampf verlaufen ist, ist derzeit auch die Stimmung an den Märkten. Für Christian von Engelbrechten, Fondsmanager des Fidelity German Fund (ISIN: LU0048580004) ist diese Ruhe Ausdruck der Tatsache, dass in Deutschland nicht an den beiden großen Parteien vorbeiregiert werden kann. Und sowohl die Unionsparteien als auch die SPD stünden für Kontinuität und Stabilität in Europa. Radikale Ideen hält der Kapitalmarktexperte hierzulande nicht für mehrheitsfähig. „Unabhängig vom Ausgang der Wal und möglicher Regierungskoalitionen glaube ich fest an die Innovationskraft und Dynamik deutscher Unternehmen. Die Historie zeigt, dass sie sich immer wieder hervorragend an das regulatorische und politische Umfeld angepasst habend“, erklärt der Deutschland-Fondsmanager.


Als Beispiel für diese Anpassungsfähigkeit nennt von Engelbrechten die Klimapolitik. „Trotz vieler Widrigkeiten und zäher Verhandlungen zwischen Unternehmen und Politik haben alle Seiten tragfähige Lösungen gefunden.“ Dieses Wissen um die Konsensfähigkeit beruhige die Märkte und sei eine Stärke der deutschen Wirtschaft. Als weiteren Beleg hierfür nennt der Fondsmanager den Diesel-Skandal.


Grundsätzlich hätten politische Ereignisse wie Wahlen nur kurzfristig Einfluss auf die Märkte. Viel längerfristiger seien Faktoren wie Wachstum, Rezessionen oder tiefgreifende Ereignisse wie Finanzkrisen zu werten. „Als Fondsmanager konzentriere ich mich viel stärker auf die fundamentalen Unternehmensentwicklungen. Diese sind deutlich wichtiger als politische Szenarien“, so von Engelbrechten. In einem Bereich sieht von Engelbrechten allerdings doch einen enormen Aufholbedarf: „Die Digitalisierung ist in vollem Gange. Hier bedarf es weiterer Investitionen. Unternehmen brauchen einen Schulterschluss mit Politik und Gesellschaft. Ansonsten besteht tatsächlich die Gefahr, dass deutsche Unternehmen den Anschluss verlieren.“


Angela Merkel forever?


Geht man nach den letzten Umfragen, ist es sehr wahrscheinlich, dass Angela Merkel für weitere vier Jahre im Amt bleibt. Mit Überraschungen rechnet eigentlich kein Marktbeobachter. Was aber würde es für den Euro und für die Märkte bedeuten, sollte wider Erwarten doch Martin Schulz ins Kanzleramt einziehen? In diesem Fall könnte der Euro kurzfristig nachgeben, erläutert Viktor Nossek, Director of Research beim ETF-Anbieter WisdomTree, der Deutschland-ETF von WisdomTree liegt in den letzten zwölf Monaten mit 21,36 Prozent im Plus (ISIN: DE000A142K45).


„Sozialdemokraten gelten gemeinhin als etwas ausgabefreudiger und fiskalischer Disziplin nicht so ganz verpflichtet. Ein großer Kurswechsel ist aber auch dann nicht zu erwarten. Das hat der Wahlkampf gezeigt und schließlich regiert die SPD seit vier Jahren in der Großen Koalition mit. Wenn unklare Verhältnisse oder eine Hängepartie drohen, sollte man sein Portfolio kurzfristig absichern gegen Schwankungen und dann erst einmal abwarten“, so der Finanzmarktexperte. Kurzfristige Volatilitäten könnten sich allerdings nach Einschätzung von Nossak dann ergeben, wenn die AfD einen unerwartet hohen Stimmenanteil erhalten würde.