Die Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 sollte zu einer Vereinfachung bei der steuerlichen Veranlagung von Anlegern führen. Trotzdem blieb die steuerliche Behandlung von Investmenterträgen im Einzelfall durchaus komplex.


Das seit 1. Januar 2018 geltende, neue Investmentsteuergesetz (InvStG) hat die Besteuerung von Investmentfonds nun grundlegend geändert. Denn das bis Ende 2017 geltende Investmentsteuergesetz basierte auf dem Transparenzprinzip. Die steuerlich relevanten Erträge wurden auf Basis der tatsächlich angefallenen Einnahmen und der abzugsfähigen Kosten auf Ebene des Fonds ermittelt. Dabei wurde unter anderen zwischen steuerpflichtigen und steuerfreien Erträgen differenziert. Die steuerpflichtigen Erträge wurden dann auf Ebene der Anleger besteuert, nicht aber beim Fonds selbst. Etwaige vom Investmentfonds bezahlte Quellensteuern auf Dividenden oder Mieterträge wurden dem Anleger deklariert und konnten teilweise im Rahmen der Einkommensteuererklärung angerechnet werden.


Seit dem 1. Januar 2018 müssen nun auch deutsche Fonds auf Fondsebene auf bisher quellensteuerbefreite Erträge Quellensteuer in Höhe von 15 Prozent zahlen. Die Steuer gilt für in Deutschland erzielte Dividenden, Mieterträge und Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien. Zusätzlich wird die oben erwähnte Anrechenbarkeit der vom Fonds gezahlten Quellensteuer beendet. Zum Ausgleich für diese Steuerbelastung auf Ebene des Fonds unterliegt ein Teil der Thesaurierungen, Ausschüttungen und Gewinne aus dem Verkauf von Fondsanteilen auf Anlegerebene nicht mehr der Besteuerung. Bei Aktienfonds sind 30 Prozent für Privatanleger steuerfrei, bei Mischfonds mit einer Aktienquote von mindestens 25 Prozent beträgt die Teilfreistellung 15 Prozent und bei offenen Immobilienfonds 60 Prozent beziehungsweise sogar 80 Prozent, wenn der Schwerpunkt im Ausland liegt.


Ferner ist das neue Investmentsteuergesetz nun intransparent. Für die Besteuerung der Ausschüttungen auf Ebene der Anleger spielt die Art der vom Fonds vereinnahmten Erträge keine Rolle mehr. Die Ausschüttungen sind grundsätzlich steuerpflichtig. Dies gilt unabhängig davon, ob in den Ausschüttungen laufende Erträge oder bisher steuerfreie Erträge enthalten sind. Selbst eine Ausschüttung aus der Substanz des Fonds ist steuerlich relevant. Bei thesaurierenden Fonds werden künftig keine ausschüttungsgleichen Erträge mehr ermittelt. Die steuerliche Erfassung der Erträge erfolgt bis zum Verkauf der Fondsanteile nun über eine neu eingeführte Vorabpauschale.


FondsDISCOUNT.de: Herr Beys, welche Bedeutung hat die Vorabpauschale?
Andreas Beys: Die Vorabpauschale soll sicherstellen, dass der Anleger jährlich einen Mindestbetrag versteuern muss.


Wie funktioniert die Vorabpauschale? Könnten Sie das Prinzip für uns erklären?
Die Vorabpauschale ersetzt in erster Linie die bisherige Besteuerung der ausschüttungsgleichen Erträge bei thesaurierenden Fonds. Die depotführende Stelle ermittelt immer zu Beginn eines Jahres die Vorabpauschale für das abgelaufene Kalenderjahr, berechnet daraus die Abgeltungsteuer und führt diese – wenn es sich um eine deutsche Depotstelle handelt - an das zuständige Finanzamt ab. Ausländische Depotstellen stellen dem Anleger – wie bisher auch – eine Erträgnisaufstellung im Folgejahr aus, womit der Anleger alle steuerpflichtigen Erträge des abgelaufenen Kalenderjahres im Rahmen der Einkommensteuererklärung deklarieren kann.

Wie berechnet sich die Vorabpauschale?
Ausgangsgröße für die Berechnung der Vorabpauschale ist der so genannte Basisertrag des Vorjahres. Der Basisertrag ergibt sich wiederum aus dem Basiszins. Dieser leitet sich aus der langfristigen Rendite öffentlicher Anleihen ab. Er wird von der Bundesbank anhand der Zinsstrukturkurven jeweils am ersten Börsentag des Jahres errechnet. Der entsprechende Vorjahreswert wird dann für die Berechnung verwendet. Die konkrete Formel für die Berechnung der Vorabpauschale lautet:


Basisertrag = 70 Prozent des jährlichen Basiszinses x Rücknahmepreis der Fondsanteile zum Jahresbeginn des vorangegangenen Kalenderjahres


Der erste in 2018 von der Deutschen Bundesbank ermittelte Basiszins beträgt 0,87 Prozent.


Im abgelaufenen Jahr etwaige erhaltene Ausschüttungen werden bei der Ermittlung der Vorabpauschale dabei genauso berücksichtigt, wie auch die Wertentwicklung im abgelaufenen Jahr. Sollte der Anleger mit dem entsprechenden Fonds im abgelaufenen Jahr beispielsweise einen Verlust erzielt haben, so entfällt für diesen Fonds die Besteuerung einer Vorabpauschale.


Wie oben bereits beschrieben, wird die ermittelte Vorabpauschale dann gegebenenfalls noch um die entsprechende Teilfreistellung reduziert.


Was passiert bei Veräußerung von Fondsanteilen?
Die Vorabpauschale wird so lange jedes Jahr neu ermittelt und abgeführt, bis der Anleger seine Anteile verkauft. Den Veräußerungsgewinn errechnet die depotführende Stelle aus der Differenz von Verkaufserlös und Anschaffungskosten. In einem zweiten Schritt wird zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung die Summe aller bisher ermittelten Vorabpauschalen (ohne Berücksichtigung der Teilfreistellung) vom Veräußerungsgewinn abgezogen. Das entsprechende Ergebnis wird dann noch um den etwaigen Teilfreistellungssatz reduziert.


Können neben den Anschaffungs- und Veräußerungskosten auch Werbungskosten wie zum Beispiel Depotgebühren geltend gemacht werden?
Hier bleibt es bei der bisherigen Regelung auf Anlegerebene. Der Abzug tatsächlicher Werbungskosten ist bei der Abgeltungsteuer weiterhin grundsätzlich ausgeschlossen. Allerdings können – wie bisher auch - bei der Ermittlung des Gewinns aus dem Verkauf der Anteile die Nebenkosten für Veräußerung und Anschaffung berücksichtigt werden. Sind die Anteile in inländischen Depots verwahrt, geschieht dies automatisch durch die depotführende Stelle.


Kann die Vorabpauschale auch bei ausschüttenden Fonds greifen?
Wie oben bereits beschrieben, werden die Ausschüttungen des Vorjahres bei der Ermittlung der Vorabpauschale berücksichtigt. Ein solcher Fall ist also denkbar, wenn die Ausschüttung des Fonds sehr niedrig ist und unter dem Basisertrag liegt, der für die Berechnung der Vorabpauschale maßgeblich ist.


Gilt die Teilfreistellung von 30 Prozent auch für Aktienfonds, die überwiegend in ausländische Aktien investieren?
Ja, auch hier gilt die Teilfreistellung von 30 Prozent. Es spielt es keine Rolle, ob die Aktien aus dem Inland oder aus dem Ausland stammen.


Gilt die Teilfreistellung von 30 Prozent auch für Aktien-ETFs?
Hier gilt es zu differenzieren. Bei ETFs, die einen Index nachbilden, indem sie tatsächlich Aktien im Portfolio halten (physisch replizierende ETFs), profitieren Anleger von der Teilfreistellung. Bei ETFs, die einen Index künstlich nachbilden (synthetisch replizierende ETFs) und deren Portfolios nicht aus Aktien bestehen, erhalten die Anleger keine Teilfreistellung der Erträge.


Warum wird auf beim Kauf oder Verkauf von Fondsanteilen kein Zwischengewinn mehr ausgewiesen?
Mit Einführung des neuen Investmentsteuergesetzes wurde die Zwischengewinnbesteuerung abgeschafft.


Gibt es bei den offenen Immobilienfonds noch die Problematik mit den steuerfreien ausländischen Erträgen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen?
Nein, die Ausschüttungen von offenen Immobilienfonds sind, nach Abzug der Teilfreistellung von 60 oder 80 Prozent voll steuerpflichtig. Steuerfreie Ausschüttungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, gibt es nicht mehr.


Was ist zu beachten, wenn das Depot im Ausland geführt wird?
Wie oben bereits beschrieben dürfen ausländische depotführende Stellen keine deutschen Steuern für den Anleger einbehalten und abführen. Die ausländischen Depotstellen werden – wie bisher auch – dem Anleger Erträgnisaufstellungen ausstellen, damit diese die im abgelaufenen Jahr steuerpflichtigen Erträge im Rahmen der Einkommensteuererklärung deklariert werden können.


Herr Beys, vielen Dank für diese Informationen!


Hinweis: Bitte beachten Sie, dass FondsDISCOUNT.de keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung erbringt und nur allgemeine Informationen zu diesem Thema veröffentlicht. Eine individuelle Steuerberatung kann nur der persönliche Steuerberater leisten.


 Weitere Informationen zum Thema Fondsbesteuerung erhalten Sie hier:


„Investmentsteuerreform 2018 – Soll ich meine Fonds besser verkaufen?“
„Was Anleger über die neue Fondssteuer wissen müssen“
Info-Broschüre: „Investmentfonds und Steuern 2018“