Euphorie und Kursschwankungen


Am 3. Januar 2009 ertönt der Startschuss zum Bitcoin. Damals ist das Token 0,07 US-Dollar wert. Bis Ende 2011 hält sich der Kurs unter zehn US-Dollar; erst in den Jahren 2012 bis 2017 erlebt der Bitcoin einen rasanten Anstieg, der jedoch von starken Kursschwankungen durchzogen ist. 2017 knackt die Kryptowährung beinahe die 20.000-Dollar-Marke. In den folgenden zwei Jahren erlebt das Token eine Berg- und Talfahrt, bis es im Jahr 2020 mit der Pandemie einen Kurseinbruch hinnehmen muss. Im Laufe des Jahres geht es für den Bitcoin wieder steil bergauf, sodass am 25. Dezember erstmals ein Wert von 25.000 US-Dollar erreicht wird. 2021 erreicht die Kryptowährung das aktuell höchste Allzeithoch von 68.744,03 US-Dollar. Zur Veranschaulichung: Anleger, die bei einem Eins-zu-eins-Kurs 100 Bitcoins gekauft haben, hätten an diesem Stichtag ein Vermögen von 6.874.403,00 US-Dollar angehäuft – kein Wunder also, dass bei vielen Anlegern die Sehnsucht nach einfach und fix erlangtem Geld geschürt wird.


Im Laufe der Zeit triggert der Bitcoin eine ganze Reihe Emotionen bei Anlegern: Skepsis und Ablehnung, aber auch Euphorie und Gier haben einen immensen Einfluss auf die Kurse des Tokens. Der Kursanstieg des Bitcoin zog viele Nachahmer nach sich: Ethereum, Binance Coin und Tether sind nur drei der über 12.000 Kryptowährungen (Stand März 2022). Die Schwemme an Kryptowährungen rührt von den simplen Einstiegsbedingungen her: Eine Kryptowährung zu erstellen kostet unter 20 US-Dollar bei der Firma Fiverr, wie Onvista berichtet. Dahinter stecken vermutlich Menschen, die das schnelle Geld machen wollen und dafür auf die Gier der Anleger setzen.


Es sind jedoch mehr Faktoren als nur Gefühle, die sich auf die Kurse des Bitcoin auswirken: Tesla investiert 2021 rund 1,5 Milliarden US-Dollar in den Bitcoin, was für mehr Vertrauen in die Kryptowährung sorgt. Darüber hinaus hat das Land El Salvador unter Präsident Nayib Bukele im September 2021 den Bitcoin als legales Zahlungsmittel eingeführt. Die jüngsten Ereignisse sorgen jedoch für Ernüchterung.


Wie die Milliarden kommen und gehen


Zhao, Bankman-Fried, Novogratz oder Winklevoss heißen einige der Milliardäre, die mit Investitionen in den Bitcoin reich geworden sind. Yahoo!finanzen fasst den Vermögensverlust der Bitcoin-Multimilliardäre zusammen: Zum Zeitpunkt des letzten Allzeithochs am 9. November 2021 besaßen sieben der reichsten Bitcoin-Besitzer zusammen rund 145 Milliarden US-Dollar in Bitcoin. Bis zum 15. Juni haben die Krypto-Anleger davon jedoch 114 Millarden Dollar verloren. Die massiven Kurseinbrüche haben laut Yahoo!finanzen mehrere Gründe: Im Mai brechen die Stablecoins TerraUSD und Luna ein und am 12. Juni 2022 gibt die Krypto-Kreditplattform Celsius Network bekannt, ihre Transaktionen einzufrieren. Das betrifft auch Kunden der Berliner Digitalbank Nuri, die ein „Bitcoin-Ertragskonto“ anbietet. Versprochen werden drei Prozent Zinsen pro Jahr. Nun kommen die Besitzer des Kontos jedoch nicht mehr an ihr Geld, denn der eigentliche Vertragsabschluss finde mit Celsius Network statt, die Digitalbank Nuri fungiere lediglich als Vermittler, wie Focus Money Online berichtet.


Ein weiterer Grund für die Kurseinbrüche sind die Anhebungen des Leitzinses. Die US-Notenbank Fed hat jüngst den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte angehoben, um die starke Inflation aufzufangen, die durch Pandemie und Ukraine-Krieg entstanden ist. Die US-amerikanische Kryptobörse Coinbase Global Inc. hat der Kryptowinter besonders hart getroffen: 18 Prozent der Belegschaft sollen entlassen werden, das betrifft rund 1.100 Mitarbeiter, wie chip.de in einem Artikel erklärt. Der amerikanische und asiatische Markt reagieren bislang positiv auf die Anhebung des Leitzinses. Die amerikanische Technologiebörse Nasdaq und der japanische Leitindex Nikkei konnten zulegen.


Kryptowährungen und Inflation


Kryptowährungen wie der Bitcoin wurden bis dato als guter Schutz vor Inflation beworben. Es ist eines der vielen Argumente, die Kryptophile für eine Investition in die digitalen Token anbringen. Das ist damit begründet, dass die Anzahl der Token nach oben begrenzt ist, also der Wert des Bitcoin nicht durch eine unendliche Menge an Tokens kleiner werden kann. In der Theorie leuchtet das ein, doch bislang gab es kein reales, bedrohliches Inflationsszenario. Dieses ist jedoch jetzt eingetreten und die jüngste Entwicklung zeigt ein Bild, das nicht den Erwartungen entspricht: Die Angst vor der steigenden Inflation sorgt für Verunsicherung und die Anleger wenden sich wieder klassischeren Werten zu. Riskantere Positionen, wie Kryptowährungen, werden abgestoßen. Der Wert der Kryptowährungen liegt im Vergleich mit dem Inflationsschutzklassiker Gold nicht in sich selbst, sondern in der Technologie, die dahintersteckt. Deren Wert bezeichnete Dennis Kremer von der FAZ bereits im Oktober 2021 als spekulativ und begründet das mit der hohen Volatilität des Bitcoin. Seiner Meinung nach ist die Behauptung, der Bitcoin sei ein wirksamer Schutz gegen Inflation, eine „steile These“.


Kurseinbrüche nicht nur bei Bitcoin


Dass es bei Bitcoin und Co. gern auf und ab geht, hat die Kursentwicklung seit dem Start der ersten Kryptowährung gezeigt. Die aktuellen Einbrüche gehen aber über die bisherige Volatilität hinaus. Der Bitcoin hat seit dem letzten Allzeithoch 46.420,19 US-Dollar an Wert verloren. Auch andere große Kryptoanbieter stehen hohen Verlusten gegenüber: Das Token von Ethereum verlor gegenüber seinem letzten Allzeithoch von 4.857,25 US-Dollar 3.641,46 US-Dollar, was einem Verlust von rund 25 Prozent entspricht. Zwischenzeitlich sank der Kurs für ein Token auf unter 1.000 US-Dollar. Auch Cardano, Ripple, Dogecoin und weitere Kryptowährungen mussten Verluste hinnehmen. Ethereum gerät indes derart unter Druck, dass sogar die Rechenleistung des Unternehmens abnimmt, wie auf heise online berichtet wird. Das Stimmungsbarometer BitcoinFear&Greed-Index beschreibt die Stimmung gegenüber der Kryptowährung als „extreme Angst“. Zum Jahresende 2021 wurde sie noch als „Angst“ eingestuft.


Laut Jürgen Seitz vom Bayerischen Rundfunk gibt es drei zentrale Probleme der Kryptowährungen: Sie könnten sich nicht vom Markt abkoppeln, sie seien politischen Risiken ausgesetzt und sie seien kein Ersatz für Edelmetalle. Vor allem die ersten beiden Probleme schlagen jetzt zu. Unsicherheit an den Kapitalmärkten sorgen dafür, dass Kasse gemacht wird, um Verluste aufzufangen. Hinzu kommen politische Entscheidungen wie die der chinesischen Regierung im September 2021, als sie den Handel mit Kryptowährungen sowie das Schürfen der Token (Mining) verbietet. Zudem bereitet sich die Europäische Zentralbank auf einen digitalen Euro vor, der den privaten Handel mit Kryptowährungen illegal machen könnte.


Krypto am Ende?


Ob die aktuelle Krise Bitcoin & Co. den Garaus macht, wird die Zeit zeigen. Einige Kryptoanhänger, wie der Präsident von El Salvador Nayib Bukele, empfinden die Krise als Chance und ermutigen, jetzt zuzugreifen. Das verschuldete Land spekuliere mit Bitcoin und setze dafür öffentliche Gelder ein, wie die Tagesschau erklärt. Während der Präsident die Talfahrt des Bitcoin als Gelegenheit für Schnäppchen sieht, könnte seine Bevölkerung den Preis dafür zahlen, sollte seine Spekulation misslingen: Im Jahr 2023 muss der Staat seine Schulden zurückzahlen. Sollte der Kurs des Bitcoin bis dahin nicht steigen, droht dem mittelamerikanischen Staat laut Tagesschau der Bankrott.


Nayib Bukele ist jedoch mit seiner positiven Meinung nicht allein. Mike McGlone ist Rohstoffanalyst bei Bloomberg und erklärte jüngst auf Twitter, dass er 20.000 US-Dollar als Bodenmarke für den Bitcoin sehe. Er erwarte, dass der Kurs der Kryptowährung in den nächsten zwei Jahren wieder steige und der Bitcoin sogar auf 100.000 US-Dollar klettern werde.