Wenn es um Nachhaltigkeit geht, gilt vielen Investoren neben der regenerativen Energieerzeugung vor allem das Themenfeld Elektromobilität und autonomes Fahren als attraktiv: Neben der Positionierung in einem Zukunftsmarkt winkt eine Umwelt-Dividende durch den Impact der Decarbonisierung des Verkehrswesens. Das gilt kurz- und mittelfristig für den Pkw-Verkehr, aber auch gerade LKW und vor allem Elektrobussen trauen die einschlägigen Beratungsunternehmen und Think-Tanks großes Marktpotenzial zu.
Die aktuelle Analyse des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschungen Baden-Württemberg (ZSW) in Stuttgart berechnet den Bestand an Elektrofahrzeugen (Pkw und leichte Nutzfahrzeuge) zum Jahresende 2020 auf 10,9 Millionen Fahrzeuge. Dies umfasst Batterie-elektrischen Antrieb, Plug-in-Hybride oder Range Extender. Bei den Neuzulassungen hat Deutschland die USA überholt. Der größte Bestand mit mehr als 5 Millionen Fahrzeugen existiert in China.
Bei den Neuzulassungen nach Herstellern lag 2020 Tesla mit 499.600 Autos ganz vorne. In der ZSW-Auswertung kommt der VW-Konzern mit allen seinen Marken auf 421.600 Fahrzeugen auf Rang zwei, jedoch sind hier im Gegensatz zu Tesla überwiegend Plug-in-Hybride enthalten. Tesla baut ausschließlich reine BEVs. Auf Platz 3 folgt SAIC mit 254.300 Fahrzeugen, die sich ebenfalls aus BEV und PHEV zusammensetzen. BMW (192.600) und Daimler (163.000) liegen mit Platz vier und sechs ebenfalls in den Top-Ten. Bei diesen beiden deutschen Premium-Marken dominieren die Plug-in-Hybride sehr stark, Volumenmodelle mit rein elektrischem Antrieb finden erst langsam Eingang in die Modellpalette.
Wertschöpfungskette: Lang und unübersichtlich
Der Blick auf die Wertschöpfungskette zeigt ein ausgesprochen breites Bild: Von Bergbauunternehmen, die die einschlägigen Rohstoffe für die Batterien, vor allem Lithium, aber auch Nickel, Kobalt und Mangan schürfen, über Halbleiter-Hersteller, Software-Schmieden, Sensor- und Optik-Spezialisten bis hin zu den bereits bekannten Zulieferern, Entwicklungsdienstleistern und natürlich OEMs reicht der Sektor, den man im Öl-Zeitalter Upstream genannt hätte. Nicht zu vergessen die Batteriehersteller, zu denen sich die Frage stellt, wie lange Akkus mit flüssigem Elektrolyt führend bleiben – oder ob nicht doch bald Solid-State-Akkus übernehmen werden.
Downstream, also in der Anwendung, entwickeln neue Anbieter innovative Sharing-Konzepte, werten Tech-Firmen Big Data aus, und wenn man nicht mehr selber fahren muss rücken Anbieter mobiler Office- oder Entertainment-Angebote im Fahrzeug in den Fokus. Für den Einzelnen ist es kaum möglich, Entwicklungen abzuschätzen und die Tenbagger von morgen zu identifizieren. Wir stellen einige Themenfonds vor, die die Mobilität von morgen auf unterschiedliche Weise abbilden.
Thematica - Future Mobility Retail SEK (ISIN: LU1814397268):
Der Thematica Future Mobility investiert vorwiegend in Wertpapiere von Unternehmen, die einen Beitrag zur Wertschöpfungskette von Elektrofahrzeugen leisten oder von dieser Wertschöpfungskette profitieren. Der Fonds legt bevorzugt in Unternehmen an, die in den Bereichen der Exploration und/oder Förderung (z.B. von Lithium, Kobalt, Graphit und Nickel), der Veredelung sowie in der Herstellung von Akkus und Elektrofahrzeugen tätig sind. Mindestens 51% des Nettovermögens des Fonds werden in Aktien investiert.
Der Fonds wurde 2019 aufgelegt. Das Management liegt bei der schweizer IP Concept. In den aktuellen Top Ten Positionen überwiegen die Lithium-Förderer, es finden sich aber auch hier eher unbekanntere Unternehmen im Portfolio. Die schwedische Ferroamp AB ist ein Experte für die effiziente Steuerung und Verteilung von Stromflüssen, so wie es in Elektrofahrzeugen beim Laden, Rekuperieren oder zukünftig Netzdienstleistungen genutzt wird. Ferroamp bietet außerdem einen Schutzschalter an, mit denen z.B. Feuerwehrleute die Spannung bei Unfallfahrzeugen sicher kappen können. Die Albemarle Corp. aus den USA bietet die Spezialchemie rund um Lithium-Ionen-Akkus an, denn im Herstellungsprozess und in der Batterie geht es um chemische Prozesse. Die deutsche Varta findet sich ebenfalls in den Top Ten, nachdem das Unternehmen in die deutsche Strategie zum Aufbau einer lokalen Akkuproduktion eingebunden ist.
LBBW Mobilität der Zukunft (ISIN: DE000A2PND96):
Der ebenfalls 2019 aufgelegte Fonds legt mehr als 50 % des Vermögens in Aktien von Unternehmen an, die Produkte oder Dienstleistungen anbieten, welche die Weiterentwicklungen im Bereich der Mobilität der Zukunft unterstützen. Den Begriff „Mobilität der Zukunft“ definiert die LBBW für den Wandel in der Art und Weise, wie sich Menschen weltweit fortbewegen, sowie Güter und Dienstleistungen transportiert werden. Dieser Wandel werde unter anderem durch die Elektrifizierung, Automatisierung, Share Economy und bessere Vernetzung von Transportmitteln bestimmt.
Fondsmanager Lorenz Blume verfolgt einen „undogmatischen, technologieoffenen Ansatz“ um die Profiteure des Megatrends Mobilität ausfindig zu machen. Mit einem Volumen von 185 Mio. EUR ist das Sondervermögen seit Auflage stark gewachsen. Zur Auflage des Fonds am 5.11.2019 notierten die Aktienmärkte an ihren damaligen Allzeithochs. Deswegen wurde zunächst mit einer zurückhaltenden Investitionsquote investiert. „Mit dem Jahreswechsel wurden die Zügel hier etwas gelockert und die Barmittelquote entsprechend reduziert. Ende Februar /Anfang März wurden die Vorzeichen der Coronakrise relativ frühzeitig erkannt und entsprechend reagiert: Zum einen wurde die Aktienquote reduziert, in eher defensivere Branchen wie Telekom und Versorger umgeschichtet, sowie nach Krisengewinnern gesucht (z.B. Zoom Video)“ berichtet das Management. Ab April war der Fonds mit einer neutralen Investitionsquote aufgestellt. Im Juli konnte er von seiner internationalen Aufstellung profitieren, denn in diesem Monat generierte das Chinaexposure einen Mehrertrag.
Der LBBW-Fonds legt den Fokus eindeutig auf die Technologie-Unternehmen, auch wenn ab August keine nennenswerten Investitionen mehr in die großen US-amerikanischen Unternehmen getätigt wurden. Unter den Top-Ten Positionen finden sich Microsoft und NVIDIA, zudem zahlreiche Halbleiterproduzenten. Die Portfoliokonstruktion setzt auf ca. 70 Werte, unter denen sich mit kleineren Anteilen auch Tesla, Nel ASA als Wasserstoffaktie und mit Norilsk Nickel auch ein Bergbauunternehmen befinden.
Blackrock Future of Transport Fund (ISIN: LU1861214812):
Der im September 2018 aufgelegte Fonds investiert schwerpunktmäßig in Unternehmen, die sich der Entwicklung neuer Transporttechnologien widmen. Der Fonds legt weltweit mindestens 70 % seines Gesamtvermögens in Aktienwerten von Unternehmen an, die überwiegend in der Erforschung, Entwicklung, Produktion und/oder dem Vertrieb von Transporttechnologien der Zukunft tätig sind. Der Fonds konzentriert sich auf Unternehmen, die Umsätze durch den Wandel hin zu elektrischen, autonomen und/oder digital vernetzten Fahrzeugen erzielen. Als Investmentziele werden die Bereiche Rohstoffe (z. B. Metalle und Batteriematerialien), Komponenten und Computersysteme (z. B. Batterien und Verkabelung), Technologie (z. B. Fahrzeugsensorik) und Infrastruktur (z. B. Fahrzeugladestationen) genannt.
Insgesamt setzt der Fonds auf ein konzentriertes Portfolio von ca. 40 Aktien, was angesichts des Fondsvolumens von ca. 800 Mio. USD liquide Titel voraussetzt. Größte Positionen ist aktuell Infineon Technologies, Blackrock setzt außerdem auf die Batteriehersteller Samsung SDI und LG Chem. US-Halbleiterspezialist Xilinx und der chinesische Autobauer Geely, der seit einigen Jahren eine Elektroauto-Strategie verfolgt, zählen ebenfalls zum Portfolio.
BNY Mellon Mobility Innovation Fund EUR (ISIN: IE00BZ199G90):
Der Fonds investiert in Unternehmen, die an der „Entwicklung, Einführung und Integration der bald allgegenwärtigen Technologien für die neue Ära der intelligenten Mobilität beteiligt sind.“ Dazu zählen für das Managementteam Fahrzeughersteller wie Tesla und, Überraschung, General Motors, vor allem Halbleiter-Unternehmen, Batteriehersteller wie Samsung SDI und vor allem Technologiefirmen. Im Portfolio des 2018 aufgelegten Fonds, der derzeit 585 Mio. USD umfasst, finden sich neben den Giganten wie Alphabet mit dem Betriebssystem Android Auto zahlreiche interessante Player.
Zwei Beispiele: Splunk Inc. ist eine Log-, Monitoring- und Reporting-Plattform, die Daten nahezu jeder Art und aus nahezu jeder Quelle für Benutzer zugänglich und nutzbar macht. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um aus Big Data einen Nutzen ziehen zu können.Die Plattform durchsucht Logs, Metriken und weitere Daten von Applikationen, Servern und Netzwerkgeräten und indiziert sie in ein durchsuchbares Repository. Splunk ist also ein typisches Downstream-Unternehmen, das nach dem Bau des eigentlichen Autos Umsätze generieren kann.
ANSYS, Inc. ist auf dem Gebiet der Softwareentwicklung und vor allem der Simulationstools. Hauptprodukt ist ein Programm zur Lösung von strukturmechanischen Problemen. Die Simulationstools ermöglichen schnellere und genauere Entwicklungen in Gebieten der Fluidmechanik, Akustik, Optik, Thermodynamik, Halbleitertechnologie, Piezoelektrizität, und des Elektromagnetismus – also Techniken, die auch in bisherigen Fahrzeugen wichtig waren, in Elektrofahrzeugen aber auf eine neue und veränderte Art entwickelt werden müssen.
Tipp: Um die Wertentwicklungen nachzuvollziehen, nutzen Sie bitte unser Chart-Tool.