Die aktuelle Mitteilung der beiden vorläufigen Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé und Dr. Philip Heinke dürfte ein weiterer Schock für die betroffenen P&R-Anleger sein: „Die Auswertung der nicht miteinander vernetzten Systeme in Deutschland und der Schweiz hat die ersten Vermutungen bestätigt, dass die Zahl der vorhandenen und vermieteten Container zum heutigen Stand deutlich unter derjenigen liegt, die in Summe von den vier deutschen Gesellschaften an die Anleger verkauft worden sind“, fasst Jaffé die ersten Ergebnisse der aufwendigen Bestandsaufnahme der fünf insolventen deutschen P&R-Gesellschaften sowie der Auswertung der Zahlungsströme mit der Schweizer P&R-Gesellschaft zusammen. „Die Fehlentwicklungen begannen vor mehr als zehn Jahren und müssen weiter aufgeklärt werden. Zugleich hat die Bestandsaufnahme aber auch deutlich gezeigt, dass die noch vorhandenen Container einen substantiellen Wert darstellen. Die künftigen Mieterlöse sollen ebenso wie spätere Veräußerungserlöse für die bestmögliche Befriedigung der Ansprüche der Anleger gesichert und realisiert werden“, so der vorläufige Insolvenzverwalter.


Nach den jetzt vorliegenden ersten, noch vorläufigen Ergebnissen der Auswertung der Systeme seien von den vier deutschen Container-Verwaltungsgesellschaften zum heutigen Stand rund 1,6 Millionen  Container an die rund 54.000 Anleger verkauft worden. Dem stehe eine Containerflotte von rund 600.000 Transportboxen gegenüber. Diese enorme Bestandsdifferenz habe sich nach den vorliegenden Erkenntnissen über Jahre hinweg aufgebaut. Im Jahr 2010 habe die Differenz zwischen den verkauften und den vorhandenen Containern bereits rund 600.000 betragen. Derzeit werde aufgearbeitet, wie sich die Bestandsdifferenz über die Jahre entwickelt habe. Parallel dazu würden sämtliche Zahlungsströme der letzten Jahre untersucht und ausgewertet, auch um zu überprüfen, wann und in welchem Umfang Container am Markt ge- und verkauft wurden. Die Staatsanwaltschaft München I habe die Vorgänge ebenfalls bereits aufgegriffen und wurde von der vorläufigen Insolvenzverwaltung informiert.


„Die Aufarbeitung der Krisenursachen und der sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen wird mit Nachdruck betrieben, aber einige Zeit in Anspruch nehmen“, erläutert Jaffé. „Unsere Aufgabe ist es auch, Haftungsansprüche gegen die für die Vorgänge verantwortlichen Personen zu prüfen und durchzusetzen. Die Aufarbeitung wird allerdings auch dadurch erschwert, dass der Geschäftsführer, der die Geschäfte teilweise seit mehr als zehn Jahren geführt hatte, heute nicht mehr zur Verfügung steht, da er im Mai 2016 überraschend verstorben ist. Der heutige Geschäftsführer der deutschen Gesellschaften hat die Geschäfte erst im Juni 2017 von Herrn Heinz Roth übernommen, der die Geschäfte seit Juni 2016 übergangsweise geleitet hatte.“ Für die Anleger sei jetzt in einem ersten Schritt ohnehin entscheidend, dass es gelinge, die vorhandenen und vermieteten Container, die laufend Zahlungseingänge generieren, zu sichern und sie – wenn nötig auch über Jahre hinweg – bestmöglich zu verwerten, denn eine Verwertung durch die Anleger selbst sei rechtlich und praktisch unmöglich, betont der Rechtsanwalt.


Vor diesem Hintergrund werde „intensiv an Maßnahmen gearbeitet, um die Erlöse zu sichern, die aufgrund der vertraglichen Strukturen zunächst in der Schweizer Gesellschaft erzielt werden, aber letztlich den Anlegern und Gläubigern zu Gute kommen sollen“, heißt es in einer Mitteilung der Kanzlei. Weiter teilt Jaffé mit: Die Mietverträge mit den Leasinggesellschaften, die die Container weltweit an Reedereien vermarkten, seien historisch nicht von den vier deutschen Container-Verwaltungsgesellschaften geschlossen worden, sondern von der Schweizer Gesellschaft.


In Folge der in Gang gesetzten Aufklärung werde nun in der Schweizer Gesellschaft ein Schweizer Wirtschaftsprüfer als Verwaltungsrat bestellt, der die Geschäftsführung der Schweizer Gesellschaft kontrolliert. Ziel sei es, die Ansprüche der deutschen Gesellschaften bestmöglich zu befriedigen, auch durch die Verwertung eines eigenen Vermögens der Schweizer Gesellschaft. Auch diese Verwertungserlöse sollen den Anlegern und Gläubigern letztendlich zu Gute kommen.


 „Nur wenn es gelingt, die Mieteinnahmen aus den nahezu vollständig vermieteten Containern zu sichern und diese später zu verwerten, kann es zu einer substantiellen Verteilung an die Anleger kommen“, ergänzt Jaffé. „Ein Zusammenbruch der Schweizer Gesellschaft würde den Anlegern nichts nützen und auch keinen Mehrwert für sie bringen. Bricht die Wertschöpfungskette, an deren Ende die Anleger der deutschen Gesellschaften stehen, zusammen, wird sich der Schaden der Anleger weiter vertiefen. Eine realistische Zugriffsmöglichkeit auf die Container bestünde dann nicht. Vielmehr würden die Container in diesem Fall möglicherweise außer Dienst gestellt und weltweit zur Abdeckung der enorm hohen Standkosten durch Dritte zwangsverwertet. Für die Anleger würde dann nichts mehr übrig bleiben. Wir tun alles dafür, um den Schaden der Anleger so gering wie möglich zu halten, dies setzt aber voraus, dass sich die Beteiligten trotz der schwierigen Situation im eigenen wirtschaftlichen Interesse rational verhalten.“


Den betroffenen Anlegern bleibt nach Maßgabe des vorläufigen Insolvenzverwalters nichts, außer Ruhe zu bewahren und das weitere Verfahren abzuwarten. Auch wenn den Anlegern kein Eigentums-Zertifikat vorliege, können sie Ansprüche im Insolvenzverfahren geltend machen. Diese Forderungsanmeldung ist jedoch erst nach Eröffnung der Insolvenzverfahren möglich.


Den Verdacht, dass es bei P&R zu Unregelmäßigkeiten gekommen war, hatte bereits der Branchenkenner und Fachjournalist Stefan Loipfinger geäußert.