Paris im Jahr 1912: Ein abendlicher Spaziergang an der Seine im unvergleichlichen Dämmerlicht der berühmten blauen Stunde, kurz bevor die Nacht den Blick auf die Sterne freigibt. Exakt diese leicht melancholische Stimmung hat Jacques Guerlain in einem Parfüm eingefangen. „L’Heure Bleue“ gilt bis heute als eines der Meisterwerke des an Klassikern reichen Duft-Traditionshauses Guerlain. Vom unerreichten und sehr komplexen „Shalimar“ aus dem Jahr 1925 über den 60er-Jahre-Gentlemen-Duft „Habit Rouge“ oder die vielzähligen modernen Kreationen vom kreativen Herren-Büroduft „L’Homme Idéal“ bis hin zum Verkaufsschlager „Mon Guerlain“ für stilbewusste Frauen ist Guerlain auch heute noch eines der beliebtesten Häuser in der Duft-Community.


Parfüm: Trend und Milliardenmarkt


Was dem ein oder anderen nun als Luxusspielerei erscheinen mag, hat sich mittlerweile tatsächlich zu einem milliardenschweren Markt entwickelt. Laut Statista wird das weltweite Marktvolumen für Parfüm im Jahr 2020 auf rund 42 Milliarden US-Dollar geschätzt, bis zum Jahr 2025 sollen es rund 52 Milliarden Dollar sein. Zwar drückten die im Zuge der Lockdowns geschlossenen Geschäfte und Duty-Free-Verkaufsstellen ein wenig das Ergebnis, unterm Stricht konnte aber auch in diesem Segment der Online-Handel viel auffangen. So zitiert etwa das Branchenmedium „Parfümnachrichten“ den Unternehmensverbund „beauty alliance“, dem rund 230 inhabergeführte Parfümerien in Deutschland angehören, mit der Angabe, dass die Einkaufsumsätze im Jahr 2020 zwar um zwölf Prozent zurückgegangen seien und der stationäre Handel ein Minus von 15 Prozent zu beklagen habe. Der Online-Handel der angeschlossenen Unternehmen weise hingegen ein Plus von 25 Prozent auf.


Und tatsächlich gelang trotz Lockdowns und mangelnden Probier-Möglichkeiten vor Ort einigen Marken der Launch von absoluten Bestsellern. Ein Beispiel wäre etwa das an die Cognac-Dynastie des Spirituosen-Herstellers Hennessy erinnernde „Angels‘ Share“ aus dem Hause Kilian Hennesey. Die luxuriös-plakative Parfümmarke des Hennessy-Nachfahren ist auch bei Influencern sehr beliebt, in Zeiten von geschlossenen Geschäften ein wichtiger Marketingkanal. Und auch das legendäre „Baccarat Rouge 540“ aus dem Nischenhaus Maison Francis Kurkdjian findet trotz des stolzen Verkaufspreises in Höhe von 230 Euro für 70 Milliliter seit einigen Jahren reißenden Absatz gerade bei jüngeren Konsumenten. Nicht zu vergessen auch das bei Männern so beliebte „Aventus“ aus dem Hause Creed, dessen ungebrochene Nachfrage ebenfalls auf Influencer-Hypes zurückgehen dürfte. Gerade solche hochpreisigen Nischendüfte – also Parfüms, die nicht aus einem Modedesign-Haus stammen und bei denen die Parfümeure in der Regel wenig Vorgaben hinsichtlich Budget oder Duftrichtung haben und ihre Kreativität voll ausleben können – gelten inzwischen in betuchteren Kreisen als Statussymbol und Sammlerobjekte. Übrigens: Die Margen, die die Hersteller mit ihren Kreationen einstreichen, dürften enorm sein. Insider schätze die reinen Herstellungskosten eines Parfüms je nach Qualität auf unter zehn Euro.


Interessant für Anleger: Die Konzerne dahinter


Die Idee, die edlen Flakons nun in natura zu sammeln und darauf zu hoffen, dass diese im Wert steigen, erscheint charmant. Und tatsächlich: Selbst ehemalige „Cheapies“, die in den 1980er und 90er Jahren für einen kleinen Preis in der Drogerie um die Ecke zu bekommen waren, werden heute in Sammlerkreisen für dreistellige Summen angeboten, sofern die Produktion eingestellt wurde und der Duft entsprechend rar ist. Doch wie bei allen gegenständlichen Sammlerobjekten: Das jeweilige Gut ist immer nur so viel wert, wie jemand anderes dafür zu bezahlen bereit ist. Gerade bei Parfüm kommt hinzu, dass dies bei unsachgemäßer Lagerung und etwas Pech schlecht werden kann, direkte Sonneneinstrahlung etwa zerstört die empfindlichen Duftmoleküle. Daher: Parfüms sind Seelenschmeichler, schön anzusehen und unterstreichen mit ihren einzigartigen Düften die Persönlichkeit und rufen Assoziationen und Erinnerungen hervor – als Kapitalanlage sollten Anleger aber vernünftigerweise auf die erfolgreichen Konzerne dahinter setzen.


LVMH: Mehr-Marken-Strategie bringt den Erfolg


Ein Beispiel, um an der Welt der schönen Düfte mitzuverdienen, ist der Luxuskonzern LVMH Louis Vuitton Moet Hennessy. Unter dem Unternehmensdach versammeln sich rund 70 Marken vom luxuriösen Handtaschendesigner bis hin zu edlem Wein. Im Parfümbereich finden sich illustre Designer-Marken wie Kenzo, Givenchy und Dior, aber zum Beispiel auch das bereits erwähnte Maison Francis Kurkdjian und das eingangs genannte Traditionshaus Guerlain. Diese breite Diversifikation über verschiedene Produktsparten und Marken zahlt sich auch für Investoren aus. Zwar musste der Konzern zu Beginn der Pandemie Umsatzeinbrüche verzeichnen, konnte aber im zweiten Halbjahr 2020 bereits wieder Tritt fassen. „Der Jahresstart markiert deshalb eine Wende im doppelten Sinne: Das Unternehmen verzeichnet nicht nur erstmals wieder Zuwächse, sondern es läuft sogar besser als vor dem Ausbruch der Pandemie. Im Vergleich zum ersten Quartal 2019, als das Coronavirus noch nicht in der Welt war, belief sich der Umsatzzuwachs auf acht Prozent. Damit sei LVMH der erste Luxusanbieter, der sich von der Pandemie erholt habe, schrieb Bloomberg-Analystin Deborah Aitken“, zeichnet das Branchenblatt „Fashionnetwork“ die Entwicklung nach. Laut LVMH-Webseite entfallen 35 Prozent der „Division’s Sales“ auf die Sparte Parfüm. Das weiterhin anziehende China-Geschäft und der anhaltende Online-Trend dürften auch künftig ein gutes Umfeld für den Absatz der begehrten Luxusartikel sein.


Estée Lauder: Beauty und Parfüm treiben kontinuierlich den Umsatz


Auch beim Duft- und Kosmetikkonzern Estée Lauder läuft es hervorragend: Die im S&P 500 gelistete Aktie erklomm erst kürzlich ein neues Allzeithoch. In der Duftsparte listet das 1946 gegründete US-Unternehmen ebenfalls mehrere Marken, die bei Duft-Fans große Wertschätzung genießen: Die eingangs genannte Marke Kilian, Jo Malone, Le Labo oder die Editions Frédéric Malle, bei denen die Parfümeure (im Fachjargon: „Nasen“) größtmögliche kreative Freiheiten haben. Zwar wird der Verkauf solcher Nischen- oder Independent-Marken an große Konzerne unter Parfümliebhabern eher kritisch beäugt – viele fürchten eine stärkere Massenorientierung bei den Duft-Kreationen –, andererseits zählen solche Deals schlichtweg mit zum Business in der Duft- und Luxusindustrie.


L’Oréal: Aktie im langfristigen Aufwärtstrend


Noch etwas bekannter dürfte L’Oréal sein, die Kosmetik- und Pflegeprodukte des Beautyriesen sind allgegenwärtig und bei Verbrauchern weltweit gefragt. Der führende Kosmetikkonzern hat es geschafft, fast 15 Jahre in Folge Umsatzzuwächse zu generieren, im vergangenen Jahr erwirtschaftete das in Paris ansässige Unternehmen rund 28 Milliarden Euro. Auch die Aktie brachte bislang viel Spaß und knackte jüngst wieder ein Allzeithoch. L’Oréal versammelt unter seinem Markendach Parfümmarken wie Yves Saint Laurent, Valentino, Mugler und zum Beispiel Atelier Colognes.


In diesen Fonds steckt Luxus


Anleger können sich nun selbst ein Portfolio aus Einzel-Aktien zusammenstellen – oder ganz bequem auf Fondslösungen zurückgreifen, die ihrerseits wiederum sehr breit diversifiziert sind. Diese Streuung bewirkt allerdings zugleich, dass von der gewünschten Holding immer nur kleiner Anteile am gesamten Fondsvermögen enthalten sind. Doch die Verteilung über eine Vielzahl an professionell ausgewählten und gemangten Titeln reduziert andererseits Verlustrisiken – läuft es bei einem Unternehmen nicht so gut, stehen die Chancen gut, dass dies mit anderen Sparten aufgefangen werden kann.


Mit über sieben Prozent am Gesamtwert ist der Luxuskonzern LVMH zum Beispiel prominent im 2014 aufgelegten Edmond de Rothschild Fund Premium Brands (ISIN: LU1082942308) vertreten. In der Mischung mit weiteren starken Luxus-Konzernen von Pernod Ricard über Hermes bis hin zu Moncler gelang dem Aktienfonds in den vergangenen Jahren eine attraktive Wertsteigerung.


LVMH und L’Oréal sind im Fidelity Funds - Global Consumer Industries Fund (ISIN: LU0114721508) unter den Top-Holdings zu finden. Der im Jahr 2000 aufgelegte Aktienfonds zielt auf Unternehmen aus dem Konsumsektor ab und investiert beispielsweise auch in Amazon, Walmart und Nestlé. Damit spielen Luxuskonzerne nicht die Hauptrolle, sondern ergänzen das breitgefächerte Portfolio.


Einen deutlicheren Fokus auf das Luxussegement hat hingegen der 2008 lancierte GAM Luxury Brands Equity (ISIN: LU0329429384). Bezogen auf das Duft-Thema partizipieren Anleger hiermit an den genannten Konzernen LVMH, Estée Lauder und L’Oréal.


Woher kommen die Duftstoffe eigentlich? Die Giganten im Hintergrund


Um ins Thema Düfte einzusteigen und von den enormen Gewinnchancen zu profitieren, lohnt sich zudem ein Blick quasi hinter die Kulissen der glitzernden Luxusmarken. Denn etwas abseits der hochwertigen Produktpräsentationen und den Emotionen, die damit transportiert werden, agieren Konzerne wie etwa die Schweizer Givaudan SA. Hier hat man sich auf die Herstellung von Duft- und Aromastoffen konzentriert, die nicht nur in der sogenannten Feinparfümerie zum Einsatz kommen, sondern auch dafür sorgen, dass das Waschmittel sauber riecht, die Zahnpasta einen frischen Geschmack hinterlässt und Kartoffelchips ihren typischen Suchtfaktor entfalten. Selbst Haustieren schmeckt ihr Futter mit dem richtigen Aroma besser. Kurz: Ohne passende Gerüche und Geschmacksstoffe geht nichts mehr. Givaudan konnte auch im Pandemiejahr 2020 Umsatz und  Gewinn steigern, die Aktie bewegt sich auf Allzeithoch-Niveau. Vorübergehende Einbußen in der Luxusparfümerie konnte Givaudan mit der vergleichsweise krisenresistenten Lebensmittelsparte und den stärker nachgefragten Hygieneprodukten abfedern.


Ein weiteres Beispiel ist die Symrise AG aus Holzminden. Hier kümmert man sich ebenfalls darum, dass Parfüms, Snacks oder zum Beispiel Duschgele durch den passenden Duft oder Geschmack Anklang beim Verbraucher finden. Zwar schwächelte die Aktie zwischenzeitlich etwas, der Konzern sieht sich allerdings gut aufgestellt, um weiterhin profitabel zu wachsen. Medienberichten zufolge stufte die Analystin Celine Pannuti von der US-Bank JP Morgan das Papier von „Underweight“ auf „Neutral“ hoch, das Kursziel wurde erhöht. Insofern könnte Symrise jetzt auf die Kauflisten rücken – oder man holt sich den Duftstoffriesen im Verbund mit weiteren interessanten Werten aus anderen Branchen ins Depot.


Symrise ist etwa im 1950 aufgelegten Fondsklassiker Fondak (ISIN: DE0008471012) aus dem Hause Allianz Global Investors unter den Top-Holdings vertreten. Das Portfolio des Aktienfonds umfasst außerdem Werte wie Infineo, Deutsche Post oder SAP.


Givaudan ist beispielsweise ein Top-10-Investment im UBS (CH) Equity Fund - Swiss Income (ISIN: CH0017043958), mit dem Anleger Zugang zu weiteren Schweizer Unternehmen wie etwa Nestlé, Roche oder Novartis erhalten.


Fazit: Hinter Düften und Aromen steckt ein Milliardenmarkt. Wachsender Wohlstand ermöglicht immer mehr Menschen weltweit die Lust am Luxus. Traumhafte Margen, wie sie fast nur noch im Luxussegment zu generieren sind, spülen regelmäßig Geld in die Kassen der entsprechenden Konzerne, die sich über mangelndes Interesse bei den Konsumenten bislang nicht beklagen müssen. Wer sein Depot in diese Richtung etwas akzentuieren möchte, findet neben den Einzel-Aktien auch zahlreiche Fonds, in denen Top-Unternehmen der Branche gelistet sind.