FondsDISCOUNT.de: Hallo Frau Grabinger, sprechen wir zunächst einmal über die allgemeine Marktlage. Wie lange kann dieses Goldilocks-Szenario noch anhalten?
Susanne Grabinger: Nach der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der Vereinigten Staaten erwarteten viele einen Anstieg der Volatilität. Dies ist, bis auf wenige Ausnahmen, wie beispielsweise kurz vor der Wahl in Frankreich oder im Sommer mit vermehrten Nachrichten zu Nordkorea, nicht geschehen. Wir haben diese volatilen Momente genutzt und unsere Aktienquote im vergangenen Jahr entsprechend erhöht. Die Aktienmärkte stiegen stark, und so haben wir die Aktienquote sukzessive von 46 auf 42 Prozent und zu Beginn des laufenden Jahres auf 38 Prozent reduziert, als der Aktienmarkt sich bereits sehr gut entwickelt hatte. Die jüngsten Kursrutsche geben dieser vorsichtigen Einschätzung Recht.
Wir setzen weiter auf Aktien, aber in einem moderaten Ausmaß. Im Zentrum steht die Frage, wo man noch interessante Positionen finden kann.
Auf der Anleihenseite sind die Renditen im vergangenen Jahr nur im kurzfristigen Bereich angestiegen. Am langjährigen Ende hat sich nur wenig getan. Inzwischen steigen die Renditen über die gesamte Zinskurve, und es gibt weitere Treiber, die ihnen weiteren Auftrieb geben können. Wir haben deswegen signifikante Short-Positionen in diesem Segment aufgebaut.
Es ist schwierig vorherzusagen, wie es weitergeht. Fundamental sieht es gut aus. Von der Bewertungsseite sind Aktien immer noch attraktiver als Anleihen. Doch die zurückgekehrte Volatilität könnte uns fürs Erste erhalten bleiben: Trump, Brexit, Nordkorea oder neue Daten aus China – sie alle haben das Zeug, die Märkte in Bewegung zu halten. Wir konzentrieren uns weiterhin auf das, was wir heute beobachten können. Wir haben jetzt genügend Munition, um Phasen zu nutzen, in denen es bergab gehen und volatiler werden könnte.
Wo liegen die Vorteile von Multi Asset Fonds in so einem Szenario?
Unserer Meinung nach ist es heute wichtiger denn je, selektiv und flexibel zu sein. Dass man die Möglichkeiten hat, in Assetklassen zu gehen, die noch attraktiv sind und teure Anlageklassen vermeidet oder sogar short gehen kann. Im Aktienbereich setzen wir beispielsweise auf Europa oder Asien. Wenn man nur Long-Positionen eingehen kann, kann es in so einem Umfeld natürlich schwieriger werden. Wir nutzen unsere Flexibilität, short zu gehen.
Beispiel USA: Dort haben wir Long-Positionen im Bankenbereich und auch im Biotechbereich, andererseits aber eine Short-Position auf den S&P, da der Markt hier leicht teuer erscheint.
Durch die Risikoaversion der Anleger sind die Renditen auf der Anleihenseite so niedrig, dass es bei westlichen Staatsanleihen immer noch eine massive Diskrepanz gibt zwischen dem Renditeniveau an den Märkten und den wirtschaftlichen Daten. Insbesondere hier ist es wichtig, die Möglichkeit zu haben auch Shortpositionen einzugehen. Interessantere Renditen andererseits gibt es bei ausgewählten Schwellenländern, etwa Mexiko. Diese Flexibilität und Selektivität haben Indexfonds und viele Long-Only-Strategien nicht.
Der M&G Dynamic Allocation (ISIN: GB00B56H1S45) investiert auch in Staatsanleihen. Wie wird sich dieser Markt in den nächsten Jahren entwickeln?
Die letzten zehn Jahre waren exzellente Jahre für westliche Staatsanleihen und haben Ergebnisse erzielt, die normalerweise eher von risikoreichen Anlageklassen erzielt werden. Ausserdem haben sie hervorragend zur Diversifikation im Portfolio beigetragen. Doch auch wenn die Renditen wieder steigen, die Realrenditen sind weiterhin niedrig. Insofern ist das langfristige traumatische Ereignis der Finanzkrise noch immer zu spüren, denn die niedrigen Renditen sind Resultat der ausweitenden Geldpolitik der Zentralbanken, sowie der Risikoaversion der Anleger.
Ausgehend vom heutigen Renditeniveau werden Anleihen die vergangenen Erträge nicht wiederholen können. Ein anderer Treiber könnte eine größere Zuversicht in die langfristigen Wachstumsaussichten der Wirschaft sein.
Mexiko ist unsere größte Position unter den Schwellenländer-Anleihen. In Lateinamerika sind die Renditen noch vergleichsweise attraktiv. In Europa halten wir Anleihen aus Portugal und Polen. Unsere Shortquote läuft auf westliche Staatsanleihen.
Wie hoch ist die Cashquote im Moment?
Der M&G Dynamic Allocation Fund hat aktuell ein Free Cash in Höhe von 21,3 Prozent, nachdem der Fondsmanager in den letzten Wochen und Monaten nach guter Wertentwicklung einige Positionen im Aktien- wie im Anleihenbereich verringert hat, um Munition zu haben, falls die Volatilität weiter anhalten sollte. Wir sind dennoch voll investiert, weil wir auch Derivate auf der Long- und auf der Short-Seite nutzen.
Frau Grabinger, wir danken Ihnen für das Gespräch.