Niemand kann den Markt auf Dauer schlagen. Das ist die Schlussfolgerung der Effizienzmarkthypothese, nach deren Grundlagen alle Marktteilnehmer vollständig rational auf Basis gleicher Informationen handeln. Alle verfügbaren Informationen sind in den Kursen verarbeitet, daher könne kein Marktteilnehmer auf Dauer bei gleichem Risiko eine Überrendite erzielen. Eine weitere Annahme lautet, dass Wertentwicklungen in der Vergangenheit unabhängig von der künftigen Entwicklung sind. Das kann man an zahlreichen Beispielen immer wieder beobachten. Prominentestes Beispiel ist der VW-Emissionsskandal. Nach einer langen Phase des Kursanstiegs, die im Jahr 2009 ihren Anfang nahm, ist der Wert der VW-Aktien Ende September in nur zwei Tagen um 40 Prozent eingebrochen. Niemand hatte das vorausgesehen.

Und dennoch orientieren sich Börsenteilnehmer auf der ganzen Welt auch an der Wertentwicklung der Vergangenheit. Denn es gibt abseits der Annahmen der Effizienzmarkthypothese noch die Beobachtung, dass in der Vergangenheit gut laufende Aktien auch in der Zukunft eine gute Performance erzielen können. Diese Beobachtung – ursprünglich von den Wissenschaftlern Jegadeesh und Titman bei der Analyse von Investment-Strategien dokumentiert – nennt man den Momentum-Effekt, eine der größten Herausforderungen der Theorie der Effizienten Märkte. Denn dieser Effekt ist heutzutage in nahezu allen großen Märkten über lange Zeiträume belegt.

Theorie der fraktalen Märkte
Was hat nun dieser Momentum-Effekt mit dem französisch-US-amerikanische Mathematiker Benoît Mandelbrot zu tun?
In seinen frühen wissenschaftlichen Arbeiten beobachtete Benoît Mandelbrot bereits in den sechziger Jahren Skalierungsgesetze in Aktienzeitreihen. Er griff später die oben genannten Grundlagen der Markteffizienzhypothese an und behauptete: Der Markt hat ein Gedächtnis, künftige Renditen sind abhängig von der Vergangenheit.

Mandelbrot gilt als Vater der fraktalen Geometrie, die eine bedeutende Rolle in der Chaosforschung einnimmt. Die nach ihm benannte Mandelbrot-Menge ist eine fraktale Menge, die an ihrem Rand eine Ähnlichkeit mit sich selbst aufweist (siehe Beispiel eines fraktalen Sierpinski-Dreiecks in der Grafik, welches aus verkleinerten Kopien seiner selbst zusammengesetzt ist).

Diese Ähnlichkeit mit sich selbst tritt in der Betrachtung von Börsenkursen ebenso hervor. Je länger man in die Vergangenheit einer Aktie blickt, desto grober werden die einzelnen Trends zusammengefasst. Man sieht allerdings, dass Trends aus kleineren Trends zusammengesetzt sind, die wiederum aus noch kleineren Trends bestehen.

Auf unterschiedlichen Detailebenen betrachtet, sind sich die Zeitreihen von Aktienwerten teilweise sehr ähnlich. „Diese Charakteristik und Mandelbrot’s Erfahrungen aus der Theorie der Fraktale ließen ihn dann auch von fraktalen Märkten sprechen“, erläutert Dr. Wilhelm Berghorn von Mandelbrot Asset Management. „Dies sind Märkte, die durch rekursive Trends aufgebaut sind. Mit modernen Methoden konnten wir nun zeigen, dass man aus diesem Ansatz ein Modell zu seiner Theorie angeben kann. Für uns sehr überraschend erzeugt dieses Modell nicht nur den Momentum-Effekt, sondern zeigt auch, dass die Märkte durch diese Trends wesentlich wilder und riskanter sind als klassisch angenommen.“

Die Mandelbrot Momentum-Strategie
Die Fondsgesellschaft hat zusammen mit Universal am 20. Juli dieses Jahres einen Mischfonds aufgelegt, der den Namen des 2010 verstorbenen Mathematikers Mandelbrot trägt. Das Fondsmanagement analysiert die Trends der erfolgreichsten Aktien im Dax und wählt davon 15 Titel für das Portfolio des Mandelbrot Market Neutral Germany (WKN: A14N8Q) aus. Für die Auswahl der Aktien kommt eine proprietäre Trendzerlegung auf Basis von Wavelets zum Einsatz. (siehe Grafik, rechts).

In einem monatlichen Optimierungsprozess wird auf Basis der letzten zehn Jahre eine Detail-Ebene auf den Einzelmärkten DAX, MDAX und TECDAX bestimmt, die für die Momentum-Strategie historisch optimal war. Diese so berechnete Detailebene wird zur Trendzerlegung aller Aktien genutzt. Die Aktien werden dann auf Basis der Steigung des letzten Trends bewertet (Ranking) und aufgrund dieser Bewertung für das Portfolio ausgewählt. Aus diesen Berechnungen leitet das Fondsmanagement eine Long-Only-Strategie auf ihre Aktienauswahl ab. Hierbei werden 75 Prozent des Fondsvolumens in die Märkte DAX, MDAX sowie TecDAX (mit einem Schlüssel von 50%: 25%: 25%) investiert. Die Positionen in diesen Teil-Portfolios für den DAX, MDAX und TECDAX werden gleich gewichtet.

Minimierung des Risikos
Anfällig ist diese Strategie aufgrund ihrer geringen Diversifizierung. Wenn nur wenige Aktien die gewünschte Wertentwicklung verfehlen, kann das Gesamtergebnis des Fonds darunter leiden. In Börsenphasen, in denen für die ausgewählten Gewinner-Aktien keine positive Rendite erwartet wird, kann der Fonds daher bis zu 100 Prozent seines Kapitals in Bankguthaben halten.
Der Fonds konstruiert ein marktneutrales Portfolio. Neben dem Aktienportfolio, das üblicherweise wie oben angegeben 75 Prozent des Fondsvolumens beträgt, besteht eine Gegenposition über verkaufte DAX-Futures. Mit 25 Prozent Bargeldbestand werden Future-Kontrakte über eine Hebelwirkung in Höhe von 75 Prozent des Fondsvolumens eingegangen, so dass das Aktienportfolio (long) und der verkaufte Future (short) jeweils 75 Prozent betragen (Gesamtexponierung 150 Prozent). Mit diesem Ansatz werden Risiken, die sich aus dem aktuellen Marktumfeld ergeben, in die Momentum-Strategie einbezogen. Die Wertentwicklung ist unabhängig von klassischen Asset-Klassen.

Momentum-Strategien in unterschiedlichster Ausprägung finden sich auch in anderen Fonds wieder, wie zum Beispiel in dem Dachfonds C-QUADRAT ARTS Best Momentum (WKN: 541664) oder dem Global Value & Momentum (WKN: A0RLNC) von DNB Asset Management (vgl. Chartbild).

Die Komplexität der Aktienmärkte lässt sich mit keinem einheitlichen mathematischen Modell präzise abbilden. Auch die oben beschriebenen Modelle lassen es nicht zu, Prognosen auf künftige Wertentwicklungen treffen zu können. Allerdings können sie im Rahmen von Momentum-Strategien Überrenditen im Vergleich zum Markt generieren.

Tipp: Mehr zum Konzept des Momentum-Effekts lesen Sie in unserem Interview mit Dr. Wilhelm Berghorn auf FondsDISCOUNT.de