„Wenn wir keinen Planeten mehr haben, geht es der Wirtschaft nicht gut“ – das Zitat des ehemaligen US-Präsidentschaftskandidaten und Klimaschützers Al Gore bringt auf den Punkt, was auch vor Kurzem auf der Klimakonferenz in Sharm El-Sheikh diskutiert wurde. Wirtschaft und Klimawandel gehen Hand in Hand – kommt ein großer Teil der CO2-Emissionen doch von der Industrie. Um das Klima wirksam zu schützen, braucht es allerdings Geld. Für viele Privatanleger spielen für die Geldanlage nicht mehr nur Rendite, Sicherheit und Liquidität die Hauptrolle. Der Zweck des eingesetzten Geldes wird im Zuge des steigenden Nachhaltigkeitsbewusstseins zur Priorität. Nachhaltige Fonds bieten nicht nur die Chance auf eine gute Rendite, sondern ermöglichen den Privatanlegern, Unternehmen in ihren Nachhaltigkeitsbestrebungen zu unterstützen.


FNG-Gütesiegel für mehr Durchblick


Seit 2015 verleiht der Forum Nachhaltige Geldanlage e. V. (FNG) sein FNG-Gütesiegel an nachhaltige Fonds. Das Siegel für den deutschsprachigen Raum staffelt sich in vier Stufen. Um das Siegel zu erhalten, müssen die Fonds einen Mindeststandard erfüllen. Der umfasst einen Kriterienkatalog zu den Unternehmen und den Staaten, in denen die Unternehmen angesiedelt sind. Eine Zertifizierung nach Artikel 8 oder 9 der EU-Offenlegungsverordnung ist Voraussetzung sowie die Einhaltung des UN Global Compact (Menschen- und Arbeitsrechte, Korruption, Umweltschutz). Doch die Einordnung nach Artikeln reiche nicht aus, wie selbst die EU-Kommission mahnt – es handelt sich dabei nicht um Label oder Zertifizierungen, sondern lediglich um eine Selbsteinordnung der Anbieter. Das FNG-Gütesiegel prüft indes mit hohen Qualitätsstandards die SRI-Eignung (SRI = Socially Responsible Investing) der Fonds. Prinzipielle Ausschlusskriterien sind Investitionen in Atomkraft, die Rüstungsindustrie, Kohle, Fracking und Tabak. Das ist ein großer Vorteil für diejenigen Anleger, die Atomkraft aus ihrem Portfolio ausschließen wollen, nachdem diese von der EU als nachhaltig erklärt wurde.


Darüber hinaus hat das Forum Nachhaltige Geldanlagen eine Kür für Fonds entwickelt, sodass die Siegel mit einem bis drei Sternen ausgezeichnet werden können. Die drei Kriterien für die begehrten Sterne konzentrieren sich auf die institutionelle Glaubwürdigkeit, die Produktstandards sowie den Portfolio-Fokus. Die ausgezeichneten Fonds müssen sich jedes Jahr wieder um den SRI-Qualitätsstandard bewerben, um ihr Gütesiegel zu erneuern. Die Verleihung für die FNG-Gütesiegel 2023 fand am 24.11.2022 in Frankfurt am Main am Römerberg statt.


FNG-Siegel mit Zulauf


310 Produkte von über 100 Asset Managern aus 13 Ländern wurden für die Auszeichnung eingereicht. Die Vergabe des FNG-Siegels fand auch in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit der Professur von Timo Busch statt. Dieser arbeitet in der Sustainable Finance Research Group der Universität Hamburg. Mit ihm zusammen hat das FNG einen universitären Spin-off-Verbund geschaffen, um der steigenden Bewerberzahl gerecht zu werden. Der Verbund will jedoch mehr als nur prüfen und bewerten. Auch die Beratung ist Priorität, um den Asset-Managern Verbesserungsvorschläge für ihre nachhaltigen Finanzprodukte zu unterbreiten. Deshalb bietet das FNG ab Dezember kollektive Feedbackrunden zu den Analysekategorien des Siegels an. Diese richten sich an Bewerber und Nichtbewerber, die sich für die Anforderungen des Siegels interessieren.


Dass sich über 300 Fonds, ETFs und Vermögensverwalter beworben haben, entspricht laut FNG einer Steigerung von rund zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das anhaltend wachsende Interesse an der Auszeichnung unterstreicht den Fakt, dass eine Einordnung nach Artikel 8 und 9 der EU-Offenlegungsverordnung nicht ausreicht, um die Privatanleger genügend über die Qualität der als nachhaltig deklarierten Finanzprodukte zu informieren. Dafür spricht auch, dass mittlerweile etwa 5.500 Nachhaltigkeitsfonds auf dem Markt sind. In dieser Vielzahl bildet das FNG-Gütesiegel ein verlässliches Label, um die Qualität der Finanzprodukte zu bestätigen. „Eine unabhängige, extern zertifizierte Prüfung des Produktversprechens eines Fondsanbieters ist im Sinne von Produktklarheit und -wahrheit“, erklärt Professor Timo Busch in der aktuellen Pressemitteilung des FNG. Daher steht die Verleihung des Siegels dieses Jahr unter dem Motto „Etablierte Orientierung nachhaltiger Geldanlagen in Zeiten komplexer Regulatoriken“.


Grüne Preisverleihung


Die Preisverleihung des FNG-Siegels am Römerberg dauerte rund drei Stunden. Auf dem Programm standen ein einleitender Vortrag von Roland Kölsch, Geschäftsführer der Qualitätssicherungsgesellschaft Nachhaltiger Geldanlagen (QNG), eine Zusammenfassung der Prüf- und Bewertungsphase sowie der Ergebnisse der Sustainable Finance Research Group unter Simone Wagner – und eine Frage- und Antwortrunde mit dem Publikum. Danach stellte Professor Timo Busch die zukünftigen Prüf- und Bewertungsarbeiten vor, bevor die Auszeichnung der Fondsanbieter, durchgeführt von Anna Katharina Dahms von der QNG, stattfand.


In einer Präsentation wurden die Entwicklungen des Siegels, der Bewerber und der äußeren Umstände der letzten Jahre vorgestellt. Ein besonderes Augenmerk lag auf dem wachsenden Markt für Nachhaltigkeitsfonds. Auch wenn die Zahl der Bewerber im Vergleich zum Vorjahr wieder gestiegen sei, halte sie nicht mit der wachsenden Anzahl an Nachhaltigkeitsangeboten mit. Daher liegt die Zahl der zertifizierten Produkte im Vergleich zum Gesamtangebot bei fünf Prozent – was ein Prozent weniger ist als im Vorjahr. Darüber hinaus haben 19 Bewerber die Mindestanforderungen nicht erfüllen können. Dennoch sehen die Zahlen positiv aus: 46 Finanzprodukte haben das Basis-Gütesiegel erhalten. 42 Bewerber freuen sich über einen Stern, 103 über zwei Sterne und 100 Bewerber erhalten 2023 das Gütesiegel mit der Höchstnote von drei Sternen.


Auch ein Vergleich der Artikel-8- und Artikel-9-zertifizierten Fonds wurde unter den Bewerbern angestellt. Die Artikel-9-Fonds fallen dabei positiv auf, denn von allen Bewerbern aus dieser Kategorie haben es 43 Prozent zu drei Sternen gebracht. Von den Artikel-8-Bewerbern waren es 27 Prozent.


Ausgezeichnete Vermögensverwalter


Unter den Vermögensverwaltern, die auch in diesem Jahr ein FNG-Siegel erhalten haben, sind zehn Pioniere – Gesellschaften, die bereits von Anfang an dabei waren –, 86 wiederholt und zehn neu ausgezeichnete Gesellschaften. Zu den Pionieren gehören Union Investment, ERSTE Asset Mangement, Arete Ethik Invest, Acatis, LBBW Asset Management, Raiffeisen Capital Management, prima Fonds, Salm-Salm und Partner GmbH, die Triodus Bank sowie die Steyler Ethik Bank. Unter den 86 „Wiederholungstätern“ finden sich sowohl große als auch kleine Häuser – unter anderen Lloyd Fonds, Amundi, Bellevue, Deka Investments, PEH, DJE Kapital AG, MainFirst, ODDO BHF Asset Management und Warburg Invest. Unter den neu ausgezeichneten Vermögensverwaltern befindet sich beispielsweise der bekannte Asset-Manager Swisscanto Invest.


Hoffnung für die Zukunft


Das steigende Bewusstsein für die Veränderungen des Planeten und der Wunsch nach aktiver Mitwirkung der Privatanleger gehören zu den Triebfedern auf dem Markt der Nachhaltigkeitsfonds. Das FNG-Gütesiegel gibt Anlegern und Vermögensverwaltern ein Instrument an die Hand, mit dem sie Orientierung im Dschungel der Geldanlagen gewinnen. Als Medienpartner des FNG gratulieren wir allen diesjährigen Trägern des FNG-Gütesiegels 2023.


Hier können Sie die aktuelle Übersicht über Fonds mit FNG-Siegel für das Jahr 2023 einsehen.


Videotipp: Im Interview mit wallstreet:online stellt sich Simone Wagner, Expertin für Sustainable Finance, den Fragen von Martin Kerscher