Mit Risiken ist es immer so eine Sache. Einerseits möchten auch Stiftungsvorstände keine Angsthasen sein, auf der anderen Seite ist es aber doch so, dass ein falsch zusammengestelltes Portfolio im Stiftungsvermögen schnell Unwuchten erzeugen kann – was dann wiederum erklärt werden muss. Risiko ist aber auch eine ganz individuelle Sache, denn jede Stiftung verfolgt in der Veranlagung ihres Stiftungsvermögens andere Ziele, verfügt über andere Ressourcen. Eine Stiftung, die auch heute noch mündelsicher anlegt oder zumeist in Anleihen investiert, geht aus ihrer Sicht vielleicht die geringstmöglichen Risiken ein, übergeordnet prallen hier diese Innensicht mit der Realität des Nullzinses aufeinander. Aus diesem wiederum entsteht für jede Stiftung, so sie hierauf nicht reagiert, sogar ein existenzielles Risiko. Risiken zu managen, ist also das Eine, sie überhaupt erst einmal als solche zu erkennen, ist aus Stiftungssicht das Andere.
RISIKO NUMMER 1: Ihr Stiftungsvermögen hat einen zu hohen Anleiheanteil und ist nur sehr wenig bspw. in Aktien investiert.
FOLGE: Der ordentliche Ertrag wird auf Jahre hinaus auf recht überschaubarem Niveau verharren, die Spielräume für die Zweckverwirklichung werden demnach kleiner.
DAS KÖNNEN SIE ALS STIFTUNG TUN: Sie können diversifizieren, indem sie den Aktienanteil nach oben nehmen sowie auch Immobilien- und Mikrofinanzbausteine in Ihr Portfolio integrieren, etwa den KCD Nachhaltig Immobilien Deutschland* (ISIN: DE000A2DHR68) oder den Dual Return Vision Microfinance* (ISIN: LU0236782842). Homöopathische Aktienanteile gehören der Vergangenheit an, Anleihefonds sind danach auszusuchen, ob sie zumindest stabile Ausschüttungen werden zeigen können, ob sie über Ausschüttungsreserven verfügen und ob sie neben Staatsanleihen noch andere Anleiheideen aufnehmen können.
RISIKO NUMMER 2: Sie setzen zumeist auf Stiftungsfonds mit einer Grundallokation von 70% Anleihen und 30% Aktien.
FOLGE: Sie dürften sich derzeit Sorgen um ihre ordentlichen Erträge machen, der Ausschüttungsausblick der Fonds müsste sich auch zunehmend weiter eintrüben.
DAS KÖNNEN SIE ALS STIFTUNG TUN: Es dürfte ratsam sein, beispielsweise einen Stiftungsfonds gegen einen Income-Fonds zu tauschen, und als Bausteine auch ausschüttungsstarke Aktienfonds sowie Immobilienfonds ins Auge zu fassen bzw. zur Allokation hinzu zu nehmen. Bei den Income-Fonds könnten der AXA Global Income Generation* (ISIN: LU0960400249), der JPMorgan Global Income* (ISIN: LU0395794307), der Kames Global Diversified Income* (ISIN: IE00BYYPFG98) oder der TBF Global Income* (ISIN: DE000A1JUV78) eine Ideen sein.
RISIKO NUMMER 3: Was in Ihrem Stiftungsvermögen vor sich geht, wird zu selten kontrolliert.
FOLGE: Sie sind nicht im Bilde über Veränderungen im Stiftungsvermögen und können rückläufige ordentliche Erträge nicht erklären – und nicht die richtigen Schlüsse daraus ziehen.
DAS KÖNNEN SIE ALS STIFTUNG TUN: Verankern Sie in der Anlagerichtlinie bzw. in einer ergänzenden Vereinbarung in den Gremien einen Turnus, in dem über das Stiftungsvermögen gesprochen wird und in dem Kapitalerhaltungsrechnung, Ausschüttungsprojektion und Asset Allocation zum Thema gemacht werden. Außerdem sollten Anlageergebnisse, etwa von Fonds, hinterfragt werden, ob diese markt- oder fonds-gegeben entstanden sind. Dokumentieren Sie das Diskutierte.
RISIKO NUMMER 4: Sie haben keine Anlagerichtlinie.
FOLGE: Ihr Entscheidungsrahmen ist zu vage, um im Falle eines Crashs, wie etwa dem Corona-Crash im März 2020, sachgerecht und angemessen auf die neue Gemengelage reagieren zu können.
DAS KÖNNEN SIE ALS STIFTUNG TUN: Zeitgemäße Anlagerichtlinie ausarbeiten (keine fixe Quoten pro Assetklasse, breiter Mix an Assetklassen, Entscheidung auf Basis ausreichender Informationen, ESG-Score zu einem Fonds als Entscheidungskriterium, Fokus auf ordentlichen Ertrag als oberstem Ziel der Anlage des Stiftungsvermögens)
RISIKO NUMMER 5: Ein Drawdown wie im März lässt sie aktionistisch werden.
FOLGE: Sie schätzen einen Drawdown falsch ein, verkaufen in einen Ausschlag nach unten und lassen sich so von den aktuellen Ereignissen stark beeinflussen. Im Stiftungsportfolio gehen auf diese Weise Struktur und übergeordneter Blick verloren.
DAS KÖNNEN SIE ALS STIFTUNG TUN: Interpretieren Sie einen Rückschlag wie jenen im März 2020 als vorübergehend, denn historisch lässt sich jeder Rücksetzer als vorübergehend einstufen. So ihr Portfolio zudem breit diversifiziert ist, wird es auch wenig mit den Aktien- und Rentenmärkten korrelierte Bausteine enthalten. In einem Korrektur-Szenario nimmt das den Druck vom Portfolio. Prüfen Sie zudem, ob Rücksetzer bei Ihren Fondsinvestment markt- oder produktgetrieben sind. Dies ist vor allem in den Wochen nach einem Rückschlag zu erkennen. Ist letzteres der Fall, sollte der Fondsanbieter plausibel machen können, warum der Fonds hinterherhinkt. Kann er das nicht, sollte der Fonds veräußert werden.
RISIKO NUMMER 6: Der Nullzins tangiert die Wiederanlage und zwingt sie „in“ eine Pflichtverletzung.
FOLGE: Das bisherige Wiederanlegen von Geldern in Anleihen macht keinen Sinn mehr, es kann sein, dass ihnen das Nicht-Anlegen bzw. das Halten allein von Cash als Pflichtverletzung ausgelegt wird.
DAS KÖNNEN SIE ALS STIFTUNG TUN: Sie können sich für Ihre Cashpolster bzw. kurzfristig auslaufende Anleihebestände stiftungsgeeignete Fonds mit einem Profil als Cashersatz-Investment suchen. Beispiele: AB European Income Portfolio* (ISIN: LU0095025721), CSR Ertrag Plus* (ISIN: DE000A1J3067), Dual Return Vision Microfinance* (ISIN: LU0236782842)
ZUSAMMENGEFASST
Risiken tauchen für Stiftungen in der Verwaltung ihres Stiftungsvermögens derzeit geballt am Horizont auf. Mit einigen Maßnahmen ist diesen aber beizukommen, sei es über das Investieren in Stiftungsfonds und stiftungsgeeignete Fonds, das breite Diversifizieren über Manager, Anlagestile, Anbieter und Anlageklassen hinweg oder auch eine administrative Offenheit gegenüber Schwankungen und alten Gewissheiten wie dem mündelsicheren Anlegen. Ein Bergmann würde sagen: Bergwerk will haben Verstand und treue Hand.
HINWEIS: Die mit * gekennzeichneten Fonds wurden in der FondsFibel für Stiftungen & NPOs auf ihre Stiftungseignung hin analysiert und für stiftungsgeeignet befunden. Eine aktuelles Update zu den Analysen ist auf www.fondsfibel.de im MidYearUpdate zur FondsFibel zu finden.
Der Autor dieses Textes
Tobias Karow ist Gründer und Geschäftsführer von stiftungsmarktplatz.eu und im Stiftungswesen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein seit 10 Jahren aktiv. Eines seiner Steckenpferde ist die Fondsanlage für Stiftungen & NPOs, hier ist er Herausgeber der FondsFibel für Stiftungen & NPOs (www.fondsfibel.de), Vorträge hält er vor allem zum Thema ‚Stiftungen und ihr Weg in die digitale Welt‘. Für beide Themen betreibt er den Blog #stiftungenstärken.