Hansen & Heinrich 'Selektive Wahrnehmung kann gefährlich werden'
Andreas Fritz und Christian Böhm vom Berliner Vermögensverwalter Hansen & Heinrich raten in Phasen politischer Unsicherheiten zur Besonnenheit und erklären, warum der europäische Aktienmarkt dennoch zuversichtlich stimmt.
Andreas Fritz: Wie heißt es doch so schön: „Politische Börsen haben kurze Beine“. Nichtsdestotrotz hat 2016 ein Lernprozess bei den Anlegern in der Weise stattgefunden, dass Polit-Prognosen nur bedingt einen Beitrag zur erfolgreichen Portfolioallokation leisten können. Wir leben zweifelsohne im Zeitalter verwertbarer Daten und daraus haben sich auch einige erfolgreiche Geschäftsmodelle abgeleitet, die eine hohe Prognostizierbarkeit versprechen. Dennoch haben Brexit, Trump und Co. sehr deutlich gezeigt, dass diese bei Wahlentscheidungen nur bedingt taugen. Seitdem werden politische Risiken in der Wahrnehmung sehr hoch gewichtet, flankiert von einer medialen Begleitmusik, die das Investieren nicht sehr einfach macht. Als Investor sollte man nicht nach eigenen Befindlichkeiten oder Meinungen handeln, denn bei der Fülle an Informationen kann selektive Wahrnehmung gefährlich werden. Es gilt, nüchtern Wahrscheinlichkeiten für verschiedene Szenarien festzulegen und für diese sich dann konsequent zu positionieren.
Wie sind Ihrer Einschätzung nach die Aussichten für die europäischen Aktienmärkte?
Andreas Fritz: Die Aussichten für die europäischen Kapitalmärkte stimmen uns zuversichtlich. Wir sind uns bewusst, dass die Politik alles andere als unproblematisch ist. Der Euro ohne gemeinsame Wirtschaftspolitik ist anfällig, die langfristige Zielrichtung des Euro(pa)-Projekts ist kaum erkennbar und eine komplette junge Generation in Südeuropa gehört schon jetzt zu den großen Verlierern. Konkret machen uns die Wahlen in Frankreich oder eine mögliche Schieflage italienischer Banken die größten Sorgen, da sie das Potential eines echten „Gamechangers“ hätten. Nichtsdestotrotz ist das Aktienkurspotential deutlicher erkennbar als vermutet. Wir sehen nach langer Zeit einen synchronen Aufschwung in den USA, China und Europa, wovon insbesondere Deutschland als Exportnation profitiert. Die Berichtssaison lieferte überwiegend erfreuliche Zahlen, verbunden mit zahlreichen Dividendenanhebungen. Die Phase der Gewinnrevisionen scheint zu Ende zu gehen. Die Aktienmärkte sind angemessen bewertet, im internationalen Vergleich unserer Meinung nach sogar deutlich attraktiver als die derzeit favorisierten USA. Daher versprechen wir uns weiterhin moderate Kurssteigerungen, zumal Europa im langfristigen Trend noch Nachholpotential hat und wir uns, auch durch die oben genannten Begleiterscheinungen, weit entfernt von Euphorie befinden.
Und in den USA? Donald Trump als Unsicherheitsfaktor, Höhenflüge des Dow Jones und nun ein weiterer Zinserhöhungsschritt der US-Notenbank – wie bewerten Sie die Gemengelage?
Andreas Fritz: Die US-Börsen befinden sich derzeit auf einer beeindruckenden Rekordjagd. Seit über 100 aufeinanderfolgenden Tagen hat der S&P 500 nicht mehr als ein Prozent oder mehr an einem Tag verloren. So etwas gab es seit über 20 Jahren nicht mehr. Es ist unserer Meinung nach schon einiges an Vorschusslorbeeren eingepreist, sprich Steuersenkungsfantasien und Infrastrukturausgaben seitens der neuen Trump-Administration. Aber auch ein US-Präsident wird einsehen müssen, dass solche Maßnahmen nur schleppend ihre Wirkung entfalten können, z.B. durch aufwendige Genehmigungsverfahren bei öffentlichen Bauvorhaben. Zudem befindet sich derzeit die Wirtschaft, im Gegensatz zu den oft zitierten „Reagonomics“, in einem weit vorangeschrittenen Konjunkturzyklus, was die Stimuli zwangsläufig begrenzt bzw. Zweitrundeneffekte bei den Arbeitskosten verursacht.
Gleichzeitig könnte zusehends die Schuldenobergrenze zum Problem werden. Viele erinnern sich noch mit Grausen an 2013 oder den Sommer 2011, wo wenige Tage Zwist das Rating der USA und die Aktienmärkte erschütterten. Schon jetzt geben die USA mehr aus als sie einnehmen. Aufgrund der politischen -republikanisch geprägten- Konstellation, sollte dieses Mal ein Showdown vermieden werden können. Auch in den USA lief die Berichtssaison erfreulich. Gewinne und Umsätze konnten, auch wegen der gestiegenen Ölpreise, zulegen. Allerdings erscheint der Markt vor dem Hintergrund der stärker gestiegenen Aktienkurse moderat teuer, so dass uns Europa insgesamt besser gefällt.
Schwerpunktmäßig in deutsche und europäische Aktien können Anleger mit Ihrem Hansen & Heinrich Universal Fonds (ISIN: DE000A0LERW5) investieren. Mögen Sie uns kurz die dahinterliegende Anlagestrategie erklären? Was ist das Besondere an Ihrem Ansatz, Herr Fritz?
Andreas Fritz: Die Erzielung regelmäßiger ordentlicher Erträge ist ein wesentliches Kriterium für einen dauerhaften Anlageerfolg. Stillhaltergeschäfte, sprich der planmäßige Verkauf von Optionen, sind unserer Meinung nach eine attraktive Möglichkeit, den Sachwert von Aktien nutzbar zu machen, gleichzeitig jedoch die Schwankungen von Aktienanlagen zu reduzieren bzw. den Einstieg durch den Sicherheitspuffer zu optimieren. Im Mittelpunkt steht jedoch die Möglichkeit, kontinuierlich ordentliche Erträge zu erwirtschaften.
Statistisch gesehen, bewegen sich Aktienmärkte zu über 70 Prozent in Seitwärts- oder Aufwärtsphasen, demgemäß verlaufen beispielsweise langfristig 70 Prozent aller Optionsgeschäfte zugunsten des Stillhalters in Put-Optionen. Der Verfall des Zeitwertes in Richtung Verfallstag ist eine zentrale Komponente des Erfolges oder plakativer ausgedrückt: Der Verkäufer lässt sich für das Warten bezahlen. Es bleibt festzuhalten, dass mit einer konsequenten Umsetzung des Stillhalterkonzeptes an steigenden Aktienmärkten angemessen partizipiert werden und selbst bzw. gerade in leicht fallenden Kursphasen eine positive Performance erreicht werden kann.
Bei dem H&H Universal Fonds handelt es sich um einen defensiven europäischen Aktienfonds mit hohem Qualitätsanspruch. Basiswerte für die Optionen bilden europäische Blue-Chips, die in einem internen objektiven Scoring-Verfahren (Fundamentalanalyse) die höchste Punktzahl erzielt haben. Die Dividenden und die Stillhaltererträge wirken darüber hinaus risikomindernd und volatilitätsmindernd auf die Fondspreisentwicklung. Seit Januar 2016 schüttet der Fonds seine erwirtschafteten Erträge an die Anleger aus.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Portfolio-Unternehmen aus?
Andreas Fritz: Basis bilden hauptsächliche eurexfähige Blue-Chips aus Europa. Erforderliche Liquidität an der Eurex schränkt das Spektrum der Unternehmen zwangsläufig ein. Dennoch können grundsätzlich auch nicht- eurexfähige Titel erworben werden, die z.B. eine interessante Charttechnik oder aktuelle Besonderheit versprechen, spielen aber in unseren grundsätzlichen Überlegungen nur eine untergeordnete Rolle. Schwerpunkt ist das Erzielen von ordentlichen Erträgen, über Dividenden und Stillhaltereinkünfte. Unser Spektrum von ca. 200 Titeln durchläuft einen kontinuierlichen, mehrstufigen Screeningprozess.
Für wen eignet sich dieser Ansatz, wer sollte sich Ihren Universal-Fonds ins Depot holen?
Andreas Fritz: Das Konzept, kontinuierliche Stillhaltergeschäfte, als sinnvolle und ertragreiche Ergänzung für ausgewogene Portfolios einzusetzen, eignet sich für Anleger, die stabile und regelmäßige Erträge generieren möchten und gleichzeitig davon überzeugt sind, dass qualitativ gute Unternehmen langfristig eine überdurchschnittliche Wertentwicklung, abseits von reinen Benchmark-Überlegungen, erzielen. Gerade für Kunden, die auf Erträge zwingend angewiesen sind (z.B. Stiftungen, Pensionskassen oder Versicherungen), bietet das Stillhalterkonzept im Vergleich zu reinen long-only- Engagements von Aktien eine deutlich höhere Prognosesicherheit der zu erwartenden Zuflüsse.
Ihr „Strategie H & H“ (ISIN: DE000A0M6MU0) dagegen setzt etwas konservativer verstärkt auf festverzinsliche Wertpapiere. Daneben finden sich auch hier Aktien im Portfolio und Sie mischen zudem Edelmetalle bei. Wie sieht die Gewichtung dieser Assetklassen aus, Herr Böhm?
Christian Böhm: Unsere Arbeit als Vermögensverwalter soll über unseren Investmentfonds Strategie H&H zu erwerben sein. Dem Grundgedanken einer breiten Diversifikation und der Konzentration auf Qualität wird hierbei Rechnung getragen. Durch die Kombination verschiedener Anlageklassen, Regionen und Strategien wollen wir jederzeit die richtige Antwort auf die jeweilige Marktlage finden. Die Strategie basiert auf dem Ziel der Reduzierung von Risiken bzw. Schwankungen, dem angemessenen Partizipieren an positiven Marktentwicklungen und einer attraktiven Ausschüttung an unsere Anleger.
Der größte Block wird von festverzinslichen Wertpapieren dargestellt. Allerdings ist dieses Segment durch den massiven Eingriff der Notenbaken der letzten Jahre extrem verzerrt worden. Die Suche nach einem risikolosen Zins ist von der Gefahr eines zinslosen Risikos abgelöst worden. In der Praxis bedeutet dies, noch genauer Laufzeiten, Duration und Bonitäten zu bewerten, um mögliche Wendepunkte rechtzeitig zu erkennen. Bewährt hat sich das Analysieren und der punktuelle Erwerb von Neuemissionen, da gerade dort noch positive Renditen zu erzielen sind. Viele Emissionen werden allerdings in Mindeststückelungen angeboten, die für Kleinanleger nicht erwerbbar sind. Bewährt hat sich der Einsatz von Limitorders, da die Märkte, auch durch die Notenbanken, immer illiquider werden und teilweise ungewöhnliche Kursbewegungen zu verzeichnen sind, die es dann zu nutzen gilt. Darüber hinaus befassen wir uns ausführlich mit dem Segment der Nachranganleihen. Diese sind deutlich höher verzinst, allerdings ist es dort elementar, sich mit den Anleihebedingungen auseinanderzusetzen, die oft komplizierte Nebenbedingungen haben. Diese Arbeit ist für einen „normalen“ Kleinanleger kaum darstellbar. Daneben bieten ausgewählte Fremdwährungsanleihen eine interessante Nische. Höhere Kupons, verbunden mit attraktiven Währungen, können ebenfalls Rendite liefern.
An Aktien schätzen wir grundsätzlich die Logik. Aktien sind anfassbar, ihr Wert ist offensichtlich und täglich erkennbar. Daher sind wir nicht am hektischen Tagesgeschehen interessiert, sondern sind eher an Qualitätsunternehmen interessiert, die wir weltweit finden und dann auch länger halten. Das können sowohl kleine Nischenunternehmen als auch Global Player sein. Nichtsdestotrotz wissen wir um die irrationalen Phasen an den Börsen. Das Studieren von Sentimentindikatoren lieferte uns dabei hilfreiche Signale, um Übertreibungen frühzeitig zu erkennen. Erhalten wir diesbezüglich brauchbare Hinweise, werden die jeweiligen Märkte über den Einsatz von Futures (long/short) entsprechend gehandelt. Diese Alphastrategie soll ebenfalls die übergeordnete Wertentwicklung unabhängiger vom Marktumfeld ermöglichen.
Bei den Rohstoffen nutzen wir nur das Segment der Edelmetalle Gold und Silber. Die Gewichtung im Gesamtvermögen erstreckt sich grundsätzlich auf eine Spanne zwischen fünf und zehn Prozent. Zum einen dient die Goldposition als eine Art Hausratversicherung, die greift, wenn die Kapitalmärkte in Turbulenzen geraten und sichere Häfen gefragt sind. Ein Teil dieses Segments wird aber auch aktiv genutzt, da auch in diesem Bereich größere Kursschwankungen zu beobachten sind.
Derzeit haben wir eine grobe Gewichtung von Anleihen und Aktien zu jeweils einem Drittel, Edelmetalle fünf Prozent, Strategie- und Seitwärtskonzepte zehn Prozent und Liquidität ca. 15 Prozent. Die niedrige Volatilität mahnt zur Vorsicht, daher gilt es das positive saisonale Momentum solange wie möglich zu nutzen, ohne den erfolgreichen Ausstieg zu vergessen.
Welchen Anlegertyp möchten Sie mit diesem Konzept ansprechen?
Christian Böhm: Unser Strategie-Fonds wird seit dem Jahr 2012 als vermögensverwaltender Mischfonds geführt – damit erhalten Privatanleger quasi mit nur einem Investment Zugang zu unserer Vermögensverwaltung. Wer sich für den Fonds interessiert, sollte mit einem mittelfristigen Anlagehorizont planen, die Anlagedauer sollte mindestens fünf Jahre betragen. Der Strategie H & H ist übrigens auch sparplanfähig.
Herr Böhm, Herr Fritz, herzlichen Dank für dieses Interview!
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