Mit Nachhaltigkeitsfonds die Welt retten oder zumindest ein bisschen besser machen – für viele Investoren sicherlich ein Argument. Die viel wichtigeren Versprechen dieser Anlage heißen allerdings Stabilität und Kapitalerhalt auch in schwierigen Börsenzeiten. In der Corona-Pandemie zeigen gleich mehrere Untersuchungen: Bis dato schneiden Nachhaltigkeitsfonds besser ab als die konventionelle Peer-Group.
Das Ratingunternehmen Scope hat ermittelt, dass Nachhaltigkeitsfonds in der Abschwungsphase bis Mitte März im Schnitt einige Prozente weniger verloren und gleichzeitig in der folgenden Erholung überproportional profitierten. Zum gleichen Ergebnis kam auch eine Untersuchung des Investmenthauses La Francaise, wobei Head of Large Caps Nina Lagron einschränkt, dass es sich einstweilen nur um eine Kurzzeitbetrachtung handelt, die aufschlussreich sei, aber natürlich auch nicht überwertet werden dürfe: „Zugegebenermaßen ist der Zeithorizont kurz, und wir sollten nicht verallgemeinern. Am Jahresende wird es jedoch interessant sein, die Performance im Jahr 2020 zu analysieren.“ Auf Fondsebene kommen zwei Verantwortliche zum gleichen Ergebnis, obwohl ihre Häuser, die Fondsgesellschaft DWS der Deutsche Bank und die EB-SIM, Investitionsarm der evangelischen Bank, gewissermaßen aus zwei Investitionswelten stammen.
Scope also hat untersucht, ob sich nachhaltige Aktienfonds im 1. Quartal 2020 tatsächlich besser gehalten haben als konventionelle Produkte. Die Analyse umfasst neben global ausgerichteten Fonds auch solche, die in Europa, Nordamerika oder in den Schwellenländern investieren. „Im Fokus standen die durchschnittliche relative Performance der einzelnen Fondskategorien im ersten Quartal 2020 und der Maximum Drawdown per Ende März 2020. Insgesamt wurden mehr als 2.000 Aktienfonds mit einem verwalteten Vermögen von rund einer Billion Euro in die Untersuchung einbezogen“, teilte die Agentur mit.
Unter den nachhaltigen Aktienfonds konnten Produkte mit globalem, europäischem und nordamerikanischem Investmentfokus im Durchschnitt ihren Vergleichsindex schlagen. Die höchste Outperformance erzielten global orientierte Nachhaltigkeitsfonds. Nur nachhaltige Schwellenländer-Fonds blieben im Durchschnitt knapp hinter ihrem Vergleichsindex zurück. Weitere interessante Erkenntnis der Scope-Analyse: Aktive Nachhaltigkeitsfonds zeigten sich überproportional widerstandsfähiger als passive Produkte. „In den Kategorien „Welt“, „Europa“ und „Schwellenländer“ hielten sich nachhaltige Aktienfonds mit aktivem Management im ersten Quartal 2020 im Durchschnitt besser als entsprechende passive Nachhaltigkeitsprodukte. In Nordamerika hatten aktive nachhaltige Aktienfonds allerdings das Nachsehen gegenüber passiven Strategien.
Als Grund für diese Outperformance nennt Scope, dass nachhaltige Aktienfonds oft defensiv positioniert sind, da sie in Qualitätsunternehmen mit starkem ESG-Profil investieren, die auch in Krisenzeiten relativ stabile Erträge aufweisen. Weiterer Grund für das gute Abschneiden: Zyklischen Sektoren wie Energie und Rohstoffe sind in Nachhaltigkeitsfonds unterrepräsentiert. „Gleichzeitig zahlte sich aus, dass nachhaltige Aktienfonds zumeist in nicht-zyklischen Sektoren wie Gesundheit und Basiskonsum übergewichtet waren“, so Scope. Genau das sei dem von ihm gemanagten DWS Invest SDG Global Equities zu gute gekommen, bestätigt Fondsmanager Paul Buchwitz: „Die relative gute Wertentwicklung des Fonds ist auch dem Umstand geschuldet, dass wir kaum oder gar nicht in Sektoren investieren, die am stärksten von der Coronakrise betroffen sind, als da wären der Reise- und Freizeitsektor, der Energiesektor oder aber auch Teile des Transportsektors.“
Die Outperformance von Nachhaltigkeitsfonds bestätigt auch die EB-SIM als Ergebnis ihrer Analysen. Das hätten auch die Anleger schnell bemerkt, denn es „flossen allein in den Februar- und Märzwochen, in denen Teile des Kapitalmarkts praktisch zum Erliegen gekommen waren, noch zweistellige Millionenbeträge in die konsequent nachhaltig ausgerichteten Fonds der EB-SIM. Dabei konnte sich die durchschnittliche Performance der nachhaltigen Anlageprodukte durchaus sehen lassen und schnitt in den meisten Fällen besser ab als der Vergleichsindex der konventionellen Konkurrenz“ heißt es vom dort. Die Abwärtsbewegungen seit Ausbruch der Pandemie fielen gerade bei aktiv gemanagten Nachhaltigkeitsfonds mit dem Schwerpunkt Europa deutlich weniger stark aus. „Unser Befund bestätigt damit den Trend, auf den Analysen jüngst schon hingedeutet haben: Für eine stark wachsende Zahl an Investoren ist die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Auswahl von Wertpapieren ein wesentliches Instrument zur Begrenzung von Risiken“, so Dr. Oliver Pfeil, CIO der EB-SIM.
Fonds können im Ergebnis nur so stark sein wie die Unternehmen, in die sie investieren, und da genau sieht Lagron den Unterschied: „Jedes Unternehmen, das einen ganzheitlichen Ansatz zur Wertschöpfung verfolgt, befindet sich bereits auf dem langen Weg der Transformation, der es Schritt für Schritt flexibler macht. Dadurch ist das jeweilige Unternehmen eher in der Lage, kurzfristige Schocks aufzufangen. Schwarze Schwäne können viel besser verkraftet werden, wenn bereits ein flexibles zukunftsorientiertes Denken gegeben ist. Unternehmen, die ESG-Kriterien integrieren, sind zudem agiler und schlanker.“
In fallenden Märkten sei es vor allem die Stärke der Social- und Governance-Kriterien gewesen, die zu dieser relativen Stabilität führte, so Lagron, die zum Beispiel zu einer transparenten Kommunikation mit Investoren und zur Übernahme von Verantwortung gegenüber ihren Stakeholdern geführt habe. Pfeil hat beobachtet, dass vor allem ESG-Angebote in der Erholungsphase nachgefragt waren: „Investoren nutzten den Rückgang der Aktienkurse, um höhere ESG-Investitionen zu tätigen, die sie möglicherweise verpasst hatten. Dies erklärt zum Teil die anschließende starke Erholung.“
Einig sind sich die Genannten, dass die Pandemie die Verbreitung nachhaltiger Anlageideen befördert. „Es mag utopisch sein, zu glauben, dass die Welt nach der Krise grundlegend grüner sein wird als zuvor. Sollte jedoch ein erheblicher Teil der staatlichen Konjunkturmaßnahmen beispielsweise auf nachhaltige Infrastruktur und E-Mobilität ausgerichtet sein, ist dies möglich. Die Klimakrise ist durch die aktuelle Pandemie nicht verschwunden. Im Gegenteil, sie wird jetzt als eine noch größere Bedrohung für die Menschheit betrachtet“ bewertet Pfeil die Situation. Lagron hat einen ähnlichen Ausblick: „Viele Investoren erwarten, dass die Welt nach der Pandemie grüner sein wird, da die konjunkturellen Anreize Infrastrukturprogramme ankurbeln, die potenziell eine große Zahl von Arbeitsplätzen schaffen könnten.“ Die Aussagen von Politikern, dass in der derzeit langsam einsetzenden Phase des langen Aufschwungs Nachhaltigkeitsaspekte bei der Gewährung von Hilfen und der Umsetzung von Konjunkturprogrammen berücksichtigt werden sollten, würden wie ein Katalysator wirken und könnten die Performancelücke zwischen ESG-Aktien und herkömmlichen Unternehmen weiter vergrößern.
Sie investieren mit dem DWS SDG Global Equities in Unternehmen, die einen Beitrag zu den langfristigen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, den so genannten SDGs, leisten. Wie haben Sie auf die Corona-Turbulenzen reagiert und wie hat sich ihr Fonds bisher geschlagen? Wegen der Pandemie habe sich der Fokus innerhalb der SDGs kurz- bis mittelfristig auf das Themenfeld 3 „Gesundheit und Wohlergehen“ verschoben, hat Buchwitz festgestellt, das werde sich aber wieder ändern: "Auf lange Sicht wird der Klimaschutz meiner Ansicht nach wieder relativ an Bedeutung gewinnen, alleine weil die Folgen der Erderwärmung allgegenwärtig sind.“