Investment-Markt Indien Warum die Auswahl von Indien-Fonds so schwierig ist
Wegweisende politische Entwicklungen und gesellschaftliche Trends machen Indien interessant für Anleger. Das Wachstumspotenzial ist groß, doch die Fondsauswahl erscheint schwierig: Die beliebtesten Indienfonds sind nämlich nicht die besten Performer.
„Aus unserer Sicht dürften Anleger, die an Investments in den Emerging Markets interessiert sind und indische Aktien übergewichten von langfristigen Wachstumstrends profitieren“, teilt der ETF-Anbieter WisdomTree mit Sitz in New York in einer Aussendung mit. Das Unternehmen ging im Februar mit neuen Indien-ETFs an den Start:
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Mehrere Faktoren begründen diese positive Einstellung von WisdomTree. Die Zahl der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird weiter wachsen. Bis zum Jahr 2050 dürfe der Anteil der indischen Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter von 674 Millionen auf 940 Millionen steigen (siehe Grafik). In den USA rechnet man dagegen im Jahr 2050 mit leicht über 200 Millionen Einwohnern im erwerbsfähigen Alter.
Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge sollen die Wachstumsraten Indiens im Vergleich zu anderen Schwellenländern stark ansteigen. Die bevölkerungsstärkste Demokratie ist demnach die einzige große Volkswirtschaft mit guter Zugänglichkeit für Anleger und werde von einem robusten Konsum getragen.
Die relativ niedrige Verschuldung des Landes (etwa 66,5 % des BIP) ist förderlich für das Wachstum. Der Staat kann weiter Anleihen begeben und damit das Wachstum ankurbeln, ohne hierbei das Risiko einer übermäßigen Verschuldung einzugehen.
Der Modi-Faktor: Liberalisierung der Wirtschaft
Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Konsum. Etwa 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wird der Weltbank zufolge vom Konsum getragen. „Dies ist Ausdruck eines Wirtschaftsmodells, das weitestgehend vom lokalen Konsum bestimmt wird und damit möglicherweise wirksamer gegen ungünstige globale Trends abgeschottet ist“, heißt es in einer Mitteilung von WisdomTree.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die von der Modi-Regierung angestrebte Öffnung einiger Sektoren für ausländische Investoren. In Bereichen wie Bauvorhaben, Kabelnetze, Landwirtschaft, Plantagen und Luftfahrt sind nun 100 Prozent ausländische Direktinvestitionen zulässig. In anderen Sektoren wie der Landesverteidigung und TV/Rundfunk wurde der Anteil der zulässigen ausländischen Direktinvestitionen auf maximal 49 Prozent angehoben. „Daraus dürften sich aus unserer Sicht Chancen für Anleger ergeben, die nun in zuvor nicht zugängliche Sektoren investieren können“, schlussfolgert WisdomTree.
Historische Steuerreform für steigende Staatseinnahmen
Die Modi-Regierung arbeitet zudem an der Umsetzung der möglicherweise bisher umfassendsten Steuerreform der Geschichte indiens. Ziel ist hierbei die Kombination aller von den Bundesstaaten und der Zentralregierung erhobenen Steuern zur Schaffung einer im gesamten Land einheitlichen Steuerstruktur. Mehr als 1.200 Waren und Dienstleistungen sollen in fünf Steuerklassen von null bis 28 Prozent eingeteilt werden. Damit würde ganz Indien zu einem einzigen Markt, der größer ist als USA, Europa, Brasilien, Mexiko und Japan zusammen.
Die derzeitige Steuerstruktur in Indien gilt als chaotisch. Von der Vereinheitlichung verspricht sich die Regierung explodierende Steuereinnahmen, die wiederum für dringende Investitionen in die Infrastruktur genutzt werden sollen. Doch es gibt auch Risiken, die mit dieser tiefgreifenden Reform verbunden sind. Sollte Narendra Modi sein Vorhaben wie geplant bis zum ersten Juli durchsetzen, könnten Unternehmen mit den neuen Steuercodes überfordert werden. Dann droht die Wirtschaft Indiens zum zweiten Mal innerhalb von zehn Monaten „auf den Kopf gestellt“ zu werden, wie die US-Nachrichtenagentur Bloomberg es ausdrückt.
Kampf gegen Schwarzgeld: Regierung entwertet große Geldscheine
Schon Ende 2016 schockte die Regierung ihre Bevölkerung und Unternehmen: Sämtliche 500- und 1.000-Rupie-Scheine sollten gegen neue Scheine eingetauscht werden, um die ausufernde Korruption und anschwellende Schwarzgeld-Depots ein für alle Mal zu beenden. Damit hinterließ die Modi-Administration die Bevölkerung mit lediglich einem Siebtel des sich im Umlauf befindlichen Geldes. Lange Schlangen bildeten sich vor den Banken in der Hoffnung, die bald wertlos werdenden Scheine gegen neue eintauschen zu können.
Der Vorteil für die Regierung: Riesige Summen Schwarzgeld mussten deklariert werden oder verfielen wertlos. Der Nachteil: Die Übergangsfrist war viel zu kurz. Menschen verloren ihre Arbeit oder konnten nicht bezahlt werden, weil die Gelscheine fehlten. Diese Reform könne das BIP in 2017 um 0,5 Prozent zurückwerfen, so Bloomberg. Auch der Konsum könne dadurch leiden und weitere 0,5 Prozent vom BIP abschneiden, ergibt ein Report der Deutschen Bank. Im vergangenen Jahr wuchs die Wirtschaft Indiens um 7,1 Prozent, 2015 waren es noch 7,6 Prozent. Für 2017 liegen die Prognosen bei etwa sieben Prozent.
Beide Reformen – die Geldentwertung und die angekündigte Steuerreform – scheinen sorgsam aufeinander abgestimmt, um die Wirtschaft Indiens fit für die Zukunft zu machen, auch wenn es bei der Umsetzung teilweise chaotisch zuging oder zugehen könnte. Tatsache ist: Die Regierung Modis scheut sich nicht vor grundlegenden Veränderungen.
Depotauswertung: Die Topseller sind nicht die Top-Performer
Bei der Auswahl der Fonds scheiden sich offenbar die Geister. Die beliebtesten Indienfonds sind nämlich alles andere als Top-Performer, wie ein Blick in die Depots der FondsDISCOUNT.de-Kunden ergibt. Den HSBC GIF Indien Equity Fonds (ISIN: LU0066902890) findet man – gemessen an der Anzahl der Depots – am häufigsten bei unseren mehr als 17.000 Kunden. Der Fonds erzielte eine Performance von 78,93 Prozent in fünf Jahren. Auf Platz zwei liegt der JPM India (ISIN: LU0058908533), der im Vergleichszeitraum 84,53 Prozent erzielte. Auf dem dritten Platz folgt der DWS India (ISIN: LU0068770873) mit 86,80 Prozent in fünf Jahren (Chart, oben).
Vergleicht man die drei Top-Seller mit den drei Top-Performern in Indien, müsste es performance-orientierten Kunden das Wasser in die Augen treiben: Der PineBridge Global Funds – PineBridge India Equity Fund (ISIN: IE00B1D7YD59) steigerte seinen Wert in fünf Jahren um 158,85 Prozent – absolute Spitze in dem Segment und fast doppelt so viel wie der Topseller von HSBC. Der Goldman Sachs India Equity Portfolio Base (ISIN: LU0333810181) liegt mit 151,67 Prozent nur knapp dahinter und der Morgan Stanley INVF Indian Equity Fund (ISIN: LU0360485733) legte um 146,57 Prozent, dafür aber die niedrigsten laufenden Kosten aller Vergleichsfonds aufweist (Chart, unten).
Natürlich ist die Performance nicht der einzige Maßstab für die Auswahl eines Fonds und im Vorfeld die Wertsteigerung zu erraten ist auch noch keinem Investor gelungen. Doch auch andere Kennzahlen sprechen eher für die Top-Performer als für die Top-Seller. So ist die Volatilität der Top-Performer sogar teilweise geringer als die Schwankung der beliebtesten Indien-Fonds, die wesentlich schlechter abgeschnitten haben. Der Topseller HSBC GIF Indian Equity Fonds fällt mit einer Volatilität von 24,61 Prozent in fünf Jahren sogar völlig aus dem Rahmen seiner Peergroup, die im Vergleichszeitraum zwischen 19,17 und 20,92 Prozent liegen.
Auch die Sharpe Ratio spricht eine deutliche Sprache. Die drei Top-Performer weisen ein Risiko-Rendite-Verhältnis von nahezu 1 auf. Das eingegangene Risiko entspricht also in etwa der erzielten Performance. Je weiter der Wert über 1 liegt, desto besser. Die Topseller weisen hingegen eine Performance von 0,41 bis 0,63 auf. Ein wert unter 1 verdeutlicht, dass die Rendite das eingegangene Risiko nicht kompensieren konnte.
Tipp: Wer auch in den kommenden Jahren auf den Wachstumsmarkt Indien setzen möchte, erhält alle hier vorgestellten Aktienfonds ohne den branchenüblichen Ausgabeaufschlag. Weitere Fonds mit Investmentschwerpunkt Indien finden Sie über Fonds-Suche mit dem Suchbegriff „India“.