FondsDISCOUNT.de: Herr Schramade, für Ihren Aktienfonds NN (L) Global Equity Impact Opportunities (ISIN: LU0250158358) konzentrieren Sie sich bei der Aktienauswahl auf die Aspekte Menschen, den Planeten und Wohlstand. Wie hängen diese Ziele mit Nachhaltigkeit zusammen?
Willem Schramade, Senior Portfolio Manager bei NN IP: Im Jahr 2015 wurden die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) der UN aufgestellt. Menschen, unser Planet und Wohlstand (People, Planet and Prosperity) stehen im Fokus dieser Ziele. Es gibt verschiedene Lösungsansätze, um diese Ziele zu erreichen. Wir haben für unseren Fonds zunächst ein Set von ESG-/Impact-Kriterien definiert, und dann screenen wir die Unternehmen für unseren Aktienfonds.
Die SDGs geben die Richtung vor. Unternehmen aus verschiedensten Branchen besitzen oder entwickeln Produkte und Services, die dazu beitragen, eines oder mehrere dieser Ziele zu erreichen – selbst wenn dies oft nicht die absolut vorrangige Absicht der Unternehmen ist. Am Ende ist es dennoch so, dass sie sowohl Shareholder Value kreieren als auch eine echte positive ökologische oder soziale Wirkung erzielen. Viele Marktteilnehmer fangen an, darüber zu reden. Wir stehen im Dialog mit Unternehmen und sammeln Daten, um wirkungsvolles Investieren (Impact Investing) messbar zu machen. Das ist eine große Herausforderung.
Versuchen Sie als Stakeholder für wirkungsvolles Investieren die Unternehmenskultur der Aktiengesellschaften zu verändern? Wie reagieren Unternehmen auf solche äußeren Einflüsse?
Oft sind die Unternehmen ziemlich froh darüber, dass wir entsprechende Fragen stellen oder Möglichkeiten erörtern. Es kann aber vereinzelt auch zu internem Widerstand auf verschiedenen Ebenen im Unternehmen kommen. Da müssen wir Ideen und bewährte Arbeitsmethoden (best practices) aufzeigen, um das Unternehmen zu inspirieren. Aber die Kultur für Nachhaltigkeit wird immer stärker.
Ein gutes Beispiel dafür war unser Besuch bei einem Unternehmen aus dem Bereich Photovoltaik, das 2010 seine ersten Produkte ausgeliefert hat. Ihnen war zuerst gar nicht bewusst, dass ein Reporting von Nachhaltigkeitskennzahlen wie z.B. CO2-Emissionen, die durch ihre Produkte eingespart werden, für Investoren interessant ist. Aber nach einem Gespräch mit dem CFO haben sie schnell entsprechend reagiert. Vor allem bei Small und Mid Caps kann das sehr schnell gehen. Im Jahresbericht halten sich die Unternehmen noch etwas bedeckt, doch im Dialog kommt man schneller zum Ziel. Es ist also weniger eine direkte Beeinflussung. Wir versuchen eher, den Unternehmen die Karotte vor die Nase zu halten und sie leicht in die richtige Richtung zu bewegen.
Performance des NN Global Equity Impact Opportunities seit Auflage 2006
Gibt es auch Unternehmen, die sich dem Thema Nachhaltigkeit verweigern?
Bei etwa einem Achtel der Unternehmen kommen wir nicht weiter. Dann entscheiden wir uns auch bewusst gegen eine Investition oder verkaufen unsere Positionen. Wenn mehr Investoren anfangen, das zu tun, wird sich langfristig der Druck auf Unternehmen erhöhen, sich anpassen zu müssen oder zu den Verlierern des Wandels zu gehören.
Vernünftige Geschäftsführer wissen, dass man sich bewegen muss. Dann ist es nur noch eine Frage, wie man Veränderungen sinnvoll herbeiführen kann.
Hat sich in den vergangenen zehn Jahren viel beim Thema Nachhaltigkeit verändert?
Ja, aber es gibt noch wenige vergleichbare Daten. Nachhaltigkeit hat finanzielle Auswirkungen, die sind zwar meist noch nicht sichtbar, aber man muss sie sichtbar machen.
Wäre es vielleicht eine Aufgabe für die Politik, aktiv zu steuern und Impact Investing zu fördern?
Ja, aber nicht zu viel. Das große Risiko dabei ist, dass falsche Daten erhoben werden könnten. Schon jetzt legen Unternehmen Daten offen, die für Impact Investing nicht relevant sind. Jedes Geschäftsmodell ist unterschiedlich. Deswegen müssen unterschiedliche Unternehmen auch unterschiedliche Daten veröffentlichen. Für Solarunternehmen können das Innovations- oder Ressourcen-Daten sein. Für eine Minengesellschaft sind das Daten über den Umweltschutz und die Gesundheit der Mitarbeiter, usw.
Wie finden Sie Unternehmen, in die Sie investieren wollen?
Zuerst sammeln wir Daten aus einem Universum von 15.000 Unternehmen. Dann filtern wir nach Industrien. In diesem Schritt schließen wir z.B. Tabak-Unternehmen bereits aus. Health Care Unternehmen finden wir andererseits grundsätzlich erst einmal positiv.
Es gibt aber auch sehr heterogene Unternehmen, wie z.B. Maschinenbauer. Dort schauen wir auf die Management-Ebene und auf die Ausrichtung bzw. das Geschäftsfeld des Unternehmens und entscheiden gezielt positiv oder negativ. Auf diese Weise haben wir schon 10.000 Unternehmen klassifiziert. Bislang zeichnen sich viele IT, Health Care und Industriegüter-Unternehmen durch positive Kennzahlen und Merkmale im Bereich Nachhaltigkeit aus.
Planen Sie, Ihre Datenbank offenzulegen?
Ja, letztlich wollen wir unsere Daten veröffentlichen. Zunächst einmal werden wir zusammen mit Wissenschaftlern eine Statistik veröffentlichen, die unsere Daten verallgemeinernd zusammenfasst. Wir wollen dazu beitragen, Nachhaltigkeit messbar zu machen und die Datenlage zu verbessern.
Können Sie uns einige Beispiele von Unternehmen geben, die sich gut entwickelt haben?
Man sollte sich nicht in Unternehmen verlieben. Aber Health Care Global (HCG) in Indien bietet Krebsbehandlungen an, die in ihrer Qualität mit Behandlungen in den USA vergleichbar sind, und das bei zehn Prozent der Kosten. Weitere positive Beispiele sind Safaricom oder Novozymes. Auch das Unternehmen Clinigen zeichnet sich positiv aus, weil es Millionen Menschen einen Zugang zu Medikamenten eröffnet, den sie bisher nicht hatten.
Unsere Datenbank zeigt an, dass es sehr viele Unternehmen im Midcap- und Smallcap-Bereich gibt. Allerdings haben viele Smallcaps nicht die für uns nötige Liquidität.
Worauf sollten Investoren Ihrer Meinung nach achten, wenn sie nach einem Investmentfonds zum Thema Impact Investing suchen?
Sie sollten darauf achten, dass die Fonds nicht nur die Bewertungen der Unternehmen im Blick haben. Investoren sollten nur Fonds kaufen, bei denen das Fondsmanagement die Geschäftsmodelle der Unternehmen fundamental untersucht. Dabei stehen zwei Fragen im Mittelpunkt: Ist das Geschäftsmodell darauf ausgelegt, dauerhaft besser bestehen zu können als die Konkurrenz und bietet das Unternehmen Lösungen an, die eine messbare positive Wirkung (Impact) in sozialer und ökologischer Hinsicht bieten? Interessanterweise sind diese beiden Fragen immer mehr miteinander verknüpft, da beispielsweise Unternehmen, die darauf achten, ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, potenziell besser gerüstet sind für kommende Regulierungen in diesem Bereich. Daher bin ich davon überzeugt, dass Impact Investing letztlich auch die finanzielle Rendite steigert und nicht reduziert, wie immer noch viele glauben.
Herr Schramade, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!
Willem Schramade ist Senior Portfolio Manager für die Impact Investing-Strategie beim niederländischen Asset Manager NN Investment Partners.