FondsDISCOUNT.de: Der Allianz Vermögensbildung Deutschland (ISIN: DE0008475062) ist ein Traditionsfonds. Ist man dem Ursprungskonzept der Anlagestrategie über die Jahre grundsätzlich treu geblieben? Was hat sich in den letzten 20 Jahren, also während Ihrer „Regentschaft“, verändert?
Andreas Schröter: Wir sind dem Ursprungskonzept in der Anlagestrategie über die letzten Jahre treu geblieben. Die Zusammenarbeit mit der globalen Investmentplattform von Allianz Global Investors ist durch die Digitalisierung über die letzten zwei Jahrzehnte deutlich intensiver geworden. Unsere innovative, digitale Kommunikationsplattform und -datenbank ermöglicht einen intensiven Austausch. Diese globale Perspektive ist für eine deutsche Aktienstrategie von nicht zu unterschätzendem Wert. Deutschland ist eben eine sehr offene Volkswirtschaft, die Unternehmen exportieren viel oder stehen in internationalem Wettbewerb. Darüber hinaus sind ESG-Faktoren – die Betrachtung ökologischer und sozialer Aspekte sowie der Unternehmensführung – in den letzten Jahren deutlich stärker in die Anlageentscheidungen integriert worden. Das ESG-Research und die aktive Auseinandersetzung mit den Unternehmen ist ein fester Bestandteil der Unternehmensanalyse bei Allianz Global Investors geworden. Angesichts der vielfältigen Herausforderungen für die Unternehmen – vom Klimaschutz bis zu sozialen Aspekten – ist auch diese Perspektive zunehmend hilfreich bei der Einschätzung des Potenzials einer Aktie.
Welche Maßnahmen haben Sie im Zuge der Corona-Krise hinsichtlich des Portfolios unternommen?
Die Strategie musste ebenso wie der breite Markt im ersten Quartal 2020 starke Verluste hinnehmen, blieb jedoch in der Abwärtsbewegung vor dem Referenzindex. In der darauffolgenden Erholungsbewegung konnte der Allianz Vermögensbildung Deutschland dann gut mithalten. Per Ende Mai liegt der Fonds nun auf Jahressicht bei gut fünf Prozent Minus, während der Referenzindex noch gut zehn Prozent Verlust aufweist. Es ist natürlich am Markt zu beobachten, dass der Value-Stil, den der Fonds verfolgt, in den Marktturbulenzen recht unbeliebt war. Es gibt mittlerweile eine enorme Streuung der Bewertungen auf dem Markt. Einige Teile des Marktes scheinen eine sehr schnelle Rückkehr zur relativen Normalität einzupreisen, oder es wird davon ausgegangen, dass bestimmte Geschäftsmodelle – alles „Digitale“ zum Beispiel – nahezu immun gegen wirtschaftliche Turbulenzen sind und daher sehr hohe Bewertungen verdienen. Andere Teile des Marktes – die eher Value-orientierten Bereiche – preisen dagegen schwierige wirtschaftliche Umstände vollständig ein. Wachstumsorientierte Strategien haben daher besser abgeschnitten als Value-Strategien. Das heißt aber im Umkehrschluss auch, dass günstig bewertete Value-Aktien Anlegern eine sehr große Sicherheitsmarge bieten. Da wir nicht über eine Kristallkugel verfügen, fühlen wir uns grundsätzlich viel wohler mit guten Unternehmen, deren Aktienkurse bereits das Schlimmste diskontieren. Vor diesem Hintergrund haben wir den Fonds sozusagen mit „ruhiger Hand“ durch die stark schwankenden Märkte geführt. Wir haben einige eher zyklische Titel wie etwa MTU weiter abgebaut und im Gegenzug gut bewertete Unternehmen mit strukturellem Wachstumspotenzial, wie zum Beispiel Bechtle und Compugroup Medical, dem Portfolio hinzugefügt. Auch bei einigen der größeren Unternehmen wie Henkel und Deutsche Telekom haben wir die Kursschwankungen für Aufstockungen genutzt. Der Fonds hält keine Energieunternehmen, die in den letzten Monaten stark unter Druck standen. Auch sind wir weiter stark untergewichtet bei den deutschen Autobauern, nachdem der weltgrößte Automarkt China bereits im Februar einen Rückgang der Autoverkäufe um 90 Prozent verzeichnete.
Krisen sind die große Chance von Value-Investing, sodass sich wieder ein enormes Aufwärtspotenzial ergibt. Schätzen Sie dieses genauso hoch ein wie im Zuge der Finanzkrise 2008/09?
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie werden die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzen, deren Ausmaß im Moment noch stärker eingeschätzt wird als die der Finanzkrise 2008/09. In der Corona-Krise verändert sich die Wirtschaftslage fast im Wochenrhythmus. Neue Daten zeigen den Verlauf der Krise und wo wir gegenwärtig stehen. Doch wie lange diese Krise die Welt noch in Atem hält und wann geeignete Mittel zur Bekämpfung des Virus gefunden werden, ist immer noch nicht abschätzbar. Und genau dies macht es schwer einschätzbar, wie stark der Rückschlag sowie das Erholungspotential sein werden. Wir gehen grundsätzlich aber von einer vorrübergehenden Entwicklung aus. Für viele Unternehmen ist aber eben genau die zu überbrückende Zeit bis zu einer Rückkehr zu einem halbwegs normalen Wirtschaftsleben entscheidend. Deutsche Unternehmen sind da vielleicht in einer recht guten Situation. Um die wirtschaftlichen Folgen so gering wie möglich zu halten, hält die Bundesregierung ja mit einem beispiellosen Schutzschirm im Umfang von über einer Billion Euro entgegen.
Wenn die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt, profitieren die Unternehmen aus dem Value-Bereich oft überproportional. Das liegt zum einen daran, dass viele dieser Unternehmen eher zyklisch sind und von einem Wirtschaftsaufschwung profitieren. Zum anderen fallen in den Value-Bereich aber auch Unternehmen, die im Rückschlag am stärksten gelitten haben (oft geht beides Hand-in-Hand). Wenn die schlechten Nachrichten dann sukzessive wieder ausgepreist werden, haben diese Unternehmen dann entsprechendes Erholungspotenzial. Eine solche Kursbewegung hat man auch in der Erholung nach der Krise 2008/09 gesehen. Man sollte aber vielleicht die langfristige Perspektive dabei nicht aus den Augen verlieren. Wer im klassischen Value-Sinn qualitativ gute Unternehmen zu einem fairen Preis kauft, ist historisch damit nicht schlecht gefahren. Viele der bekanntesten Investoren verfolgen solche Strategien.
Was hätte ein Anleger heute raus, hätte er damals zu Beginn des Vertriebsstart 1.000 D-Mark einmalig in den Fonds eingezahlt?
Langfristiges Investieren und das Aussitzen aller Marktschwankungen hat sich für Anleger bisher immer ausgezahlt. Die Entwicklung des Fonds belegt das. Ein Investment von 1.000 D-Mark zum Start des Funds (Berechnung für volle Monate per 1. August 1970) wäre heute 41.083,67 D-Mark wert. Das entspricht einer Steigerung von 4.008 Prozent über die Periode von 598 Monaten oder fast 50 Jahren. Der Ertrag pro Jahr lag damit bei stolzen 7,74 Prozent, wohlgemerkt nach Kosten.
Herr Schröter, wir bedanken uns herzlich für das Interview!
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