Inhalt


Das G in ESG


Das ist mit „Governance“ bei ESG gemeint


Diese SDGs werden durch „Governance“ gefördert


Überprüfbarkeit von ESG-Governance-Faktoren


Diese Fonds investieren in „Governance“


Wertentwicklung im Fünf-Jahres-Rückblick


Résumé und Ausblick


Mit einem ganzheitlichen Ansatz bewerten ESG-Kriterien, wie Unternehmen auf den Ebenen Umwelt (Envrionmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) wirken. Das ermöglicht Anlegern, soziale und ökologische Gesichtspunkte in ihre Anlageentscheidungen einzubeziehen. Dieser Beitrag ist der dritte Teil unserer ESG-Trilogie und beschäftigt sich tiefgehender mit dem „G“, also Unternehmensführung, in ESG. Außerdem ziehen wir nach der umfangreichen Betrachtung der drei ESG-Faktoren zum Schluss ein Résumé und werfen einen Blick in die Zukunft.


Hier geht es zum ersten Teil der Trilogie, in dem wir uns nach einer kurzen Einführung in die Thematik der ESG-Kriterien tiefgehender mit dem „E“ (Umwelt) beschäftigen. Und hier geht es zum zweiten Teil, in dem es um das „S" (Soziales) geht.


Das G in ESG


Das „G“ in ESG steht für Governance, also Unternehmensführung, und ist wohl der am wenigsten bekannte ESG-Faktor. Das liegt wohl daran, dass er schwieriger zu regulieren ist. Wie verschiedene Praxisbeispiele wie Wirecard, Facebook oder Volkswagen zeigen, ist seine Wichtigkeit jedoch nicht zu unterschätzen. Denn Defizite in der Unternehmensführung können erhebliche Risiken für das gesamte Unternehmen eröffnen und das Vertrauen von Kunden, Anlegern und Aufsichtsbehörden in die Unternehmensleitung nachhaltig schädigen. Der Aspekt der verantwortungsvollen Unternehmensführung (Governance) zielt auf die einem Unternehmen zugrundeliegende interne Struktur ab. Damit sind sorgfältig geplante Regeln, Vorschriften, Praktiken und Prozesse gemeint, die die Leitung bzw. Führung eines Unternehmens betreffen. Wichtig ist auch die Frage, inwieweit Unternehmensziele mit umweltlichen bzw. sozialen Aspekten verbunden werden. Denn ohne eine verantwortungsbewusste Unternehmensführung, die soziale und ökologische Gesichtspunkte in geschäftliche Entscheidungen einfließen lässt, sind die E- und S-Aspekte von ESG lediglich philosophische Konzepte. So kann man sagen, dass das „G“ der „Antrieb“ bzw. die Grundlage für das „E“ und „S“ ist. Zu Governance gehören als Unterpunkte Unternehmenskultur und Ethik, Rechtmäßigkeit (Compliance), Steuerung und Dokumentation sowie Korruptionsbekämpfung.


Das ist mit „Unternehmensführung“ (Governance) bei ESG gemeint


Governance beschreibt die Art und Weise, wie Unternehmen geführt, gelenkt und überwacht werden. Es umfasst die Regeln, Prozesse und Praktiken, die sicherstellen sollen, dass ein Unternehmen transparent, ethisch und verantwortungsbewusst handelt. In einfachen Worten ausgedrückt, geht es bei der Governance darum, wie Management, Führungskräfte und Vorstand die Werte eines Unternehmens repräsentieren und die Interessen aller Beteiligten wie Mitarbeiter, Aktionäre, Lieferanten, Kunden und die Gesellschaft im Allgemeinen schützen. Eine gute Governance schafft also Vertrauen bei Investoren, Stakeholdern und der breiteren Öffentlichkeit. Folgende Aspekte spielen dabei eine wesentliche Rolle:


1. Transparenz und Finanzen:


Eine verantwortungsvolle Unternehmensführung zeichnet sich vor allem durch eine offene und transparente Kommunikation aus – sowohl intern als auch extern. Dies beinhaltet die Offenlegung relevanter Informationen über die Unternehmensstrategie, Leistung, Nachhaltigkeit und Risiken durch Berichterstattung. Transparenz schafft Vertrauen und ermöglicht den Stakeholdern – egal ob das Aufsichtsbehörden, Mitarbeitende oder Anleger sind – informierte Entscheidungen zu treffen. Dazu ist nötig, dass entsprechende Richtlinien für Geschäftsführung und Aufsichtsrat transparenzfördernd gefasst sind.


2. Compliance:


Ebenfalls von großer Wichtigkeit sind Organe und verpflichtende Regeln und Hinweisgebersysteme, die die Rechtmäßigkeit der Unternehmenspraktiken sicherstellen. Hier geht es z. B. um die Einrichtung unabhängiger Aufsichtsgremien wie Vorstände oder Aufsichtsräte, die über notwendiges Fachwissen und Erfahrung verfügen. Diese Aufsichtsgremien sollen die Unternehmensstrategie überwachen, die Leistung bewerten und mit entsprechendem Regelwerk sicherstellen, dass die Geschäftsführung im besten Interesse aller Stakeholder handelt.


3. Führung und Risikomanagement:


Eine gute Governance umfasst ein effektives Risikomanagement und interne Kontrollprozesse. Unternehmen sollten wirtschaftliche, reputationsbezogene, rechtliche und sozial-ökologische Risiken (s. o.) identifizieren, bewerten und geeignete Maßnahmen ergreifen, um diese zu minimieren oder zu überwachen. Es geht bspw. darum, wie das Unternehmen zusammengesetzt ist, wie die Führung strukturiert ist oder wie Diversität und eine faire Vergütung sichergestellt werden. Wenn bspw. die Rolle von CEOs und Aufsichtsratsvorsitzenden von derselben Person ausgeübt werden, können die getroffenen Geschäftsentscheidungen ein höheres Risiko aufweisen. Diversität im Vorstand dagegen kann die Leistung in komplexen Umfeldern steigern. Das durchschnittliche Verhältnis von weiblichen und männlichen Vorstandmitgliedern sowie der Anteil der unabhängigen Vorstandsmitglieder sind hier relevante Kennzahlen.


4. Ethik und Integrität:


Es liegt auch an der Unternehmensführung, ob Richtlinien für ethische Geschäftspraktiken inkludiert werden oder ob die Governance-Prozesse von Zulieferern, Kooperationspartnern oder Investoren ebenfalls überprüft werden. Ein respektvolles und integres Verhalten entsprechend den eigenen Unternehmenswerten sollte idealerweise die Grundlage für alle Geschäftsentscheidungen und -aktionen bilden. Hier ist auch die Frage nach der Umweltverträglichkeit eines Unternehmens sowie seinen umweltfördernden Praktiken zu orten. Es steht also wieder die ethische Frage im Raum, inwieweit ausbeuterische Praktiken mittel- und unmittelbar toleriert oder gar gefördert werden. Der Dialog mit entsprechenden Managern wird allerdings stets konkretere Einblicke bieten als das bloße Vorhandensein eines Ethikkodex.


5. Achtung der Rechte der Stakeholder:


Eine gute Governance berücksichtigt die Interessen und Rechte aller Stakeholder, einschließlich der Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Investoren und der Gemeinschaft, in der das Unternehmen tätig ist. Da es in puncto Governance keine Patentlösung für Unternehmen gibt, ist es wichtig, dass sich Unternehmen über ihre Governance-Manager genau dieser Bedürfnisse und Herausforderungen ihrer Tätigkeit bewusstwerden und eine passende Lösung ausfeilen. Der Dialog und die Einbeziehung der Stakeholder in Entscheidungsprozesse fördern das Vertrauen und die Zusammenarbeit. Besonders mit der Coronavirus-Pandemie wurde deutlich, dass vor allem soziale Sicherungssysteme für den Arbeitnehmerschutz zu immer wichtigeren Governance-Themen werden.


Diese SDGs werden durch „Governance“ gefördert



Quelle: United Nations (UN)


Überprüfbarkeit von ESG-Governance-Faktoren


Die Überprüfbarkeit von Governance-Faktoren ist besonders schwierig, denn sie betreffen größtenteils unternehmensinterne Gegebenheiten. Nicht selten halten Unternehmen nach außen ein idealisiertes Bild aufrecht, dem sie intern kaum gerecht werden.


Erster Anhaltspunkt zur Überprüfung von Governance-Faktoren für Anlegerinnen und Anleger sind unternehmenseigene Richtlinien und Kodizes. Sie dienen der Bekämpfung von Korruption sowie der vielfältigen Zusammensetzung von Gremien und Aufsichtsräten.


Der Deutsche Corporate Governance Kodex, der UN Global Compact, die ISO 37000, die OECD-Grundsätze der Corporate Governance, der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK), die Global Reporting Initiative (GRI) oder die MaRisk der BaFin gehören zu den Standards und Leitlinien mit Fokus auf Transparenz, Rechenschaftspflicht, Nachhaltigkeit und ethisches Verhalten. Unternehmen können sich daran orientieren, um eine solide Governance-Struktur aufzubauen und das Vertrauen von Stakeholdern, einschließlich Anlegern, zu gewinnen.


Diese Fonds investieren in „Governance“


RobecoSAM Global Gender Equality Equities


Dieser Fonds (ISIN: LU2145458969) wird von einer Frau und einem Mann gemanagt und legt seinen Fokus auf Unternehmen, die aufgrund der strategischen Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit einen wettbewerblichen Vorsprung haben.


Bellevue Funds (Lux) - Bellevue Entrepreneur Europe Small


Dieser Fonds (ISIN: LU0631859229) investiert vor allem in klein- und mittelkapitalisierte Unternehmen, die ihren Sitz in Europa haben und überwiegend von Eigentümern geführt werden.


ODDO BHF Generation


Dieser Fonds (ISIN: FR0010574434) investiert insbesondere in Unternehmen mit beständiger familiärer Aktionärsstruktur. Ein Fokus liegt auf Deutschland und Frankreich.


GS&P Fonds Family Business


Auch dieser Fonds (LU0179106983) berücksichtigt ESG-Kriterien und setzt vor allem auf europäische Unternehmen, die von ihren Eigentümern oder Familien geführt werden.


Wertentwicklung im Fünf-Jahres-Rückblick



(ohne RobescoSAM Global Gender Equality Equities, da dieser noch keine fünf Jahre alt ist)


Résumé und Ausblick


Wie die Intention aller ethischen Abkommen und Instrumente ist auch die von ESG-Faktoren bzw. entsprechenden Ratings ehrenwert. Die targetierten sozial-ökologischen Aspekte sind von großer Bedeutung. Denn was haben wirtschaftliche Gesichtspunkte schließlich noch für einen Wert, wenn sie die Zukunft von Planet und Menschheit fragil machen? Angesichts unserer globalen Herausforderungen, die sich vor allem in den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen wiederfinden, kann davon ausgegangen werden, dass ESG-Faktoren in Zukunft immer relevanter werden.


„Greenwashing“ und mangelnde Transparenz sind nur einige der Argumente, warum viele ESG-Faktoren ablehnen. Und ja – es ist offensichtlich, dass ESG-Faktoren einer einheitlichen strikteren Regelung bedürfen, sodass man mit ihnen Unternehmen nach objektiven Maßstäben beurteilen und vergleichen kann. Sie dürfen nicht nur ein Schmuckstück für die Außendarstellung eines Unternehmens sein, während der Unternehmenskern von Ausbeutung durchdrungen ist. ESG-Faktoren brauchen mehr Konkretheit, um ihren Wert beizubehalten.


Wir dürfen jedoch nicht vergessen: Da die Dringlichkeit der globalen Herausforderungen erst in der letzten Dekade ins kollektive Bewusstsein der Menschen gerufen wurde, sind auch ESG-Kriterien für die breite Masse etwas Neuartiges. Daher ist es völlig normal, dass ihre Behandlung noch nicht ganz ausgefeilt ist. Dennoch sind sie ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Unternehmen und Anleger werden sich vermutlich in Zukunft noch häufiger mit ESG-Kriterien beschäftigen.